Vor wenigen Wochen kündigte der Nahrungsmittelkonzern Nestlé überraschend ein Aktienrückkaufprogramm an. Das Traditionsunternehmen aus Vevey will für die astronomische Summe von 20 Milliarden Franken eigene Titel erwerben. Ein Schweizer Rekord.
Während Aktienrückkaufprogramme an der Börse in New York zum guten Ton gehören, sind sie bei Firmen aus der Schweiz nicht sonderlich beliebt. Gemäss Erhebungen der für Julius Bär tätigen Aktienstrategen flossen zwischen 2012 und 2016 gerademal 13 Prozent sämtlicher Jahresgewinne über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurück. Zum Vergleich: Gut 60 Prozent erhielten die Anteilseigner in dieser Zeit als Dividende ausbezahlt. Die Differenz entfällt auf Zinskosten sowie auf die Rückzahlung von Fremdkapital.
Deshalb überrascht es nicht, dass nur 11 der an der Schweizer Börse gehandelten Unternehmen Rückkaufprogramme laufen haben. Den Experten von Julius Bär zufolge kaufen deren sieben auf täglicher Basis eigene Aktien zurück. Es sind dies: Adecco, Bâloise, Geberit, LafargeHolcim, Nestlé, Novartis sowie die Swatch Group.
Aktienrückkaufprogramme auf einen Blick:
Unternehmen | Grössenordnung | davon vollzogen |
Adecco | 300 Millionen Euro | 31 Prozent |
Bâloise | 3 Millionen Aktien | 6 Prozent |
BB Biotech | 5,54 Millionen Aktien | keine |
GAM | 16 Millionen Aktien | keine |
Geberit | 450 Millionen Franken | 3 Prozent |
LafargeHolcim | 1 Milliarde Franken | 9 Prozent |
Nestlé | 20 Milliarden Franken | 0,1 Prozent |
Novartis | 5 Milliarden Franken | 52 Prozent |
SGS | 250 Millionen Franken | keine |
Sonova | 500 Millionen Franken | 48 Prozent |
Swatch Group | 1 Milliarde Franken | 47 Prozent |
(Quelle: Bloomberg, Julius Bär)
BB Biotech, GAM und SGS könnten eigene Aktien zurückkaufen, haben dies bisweilen aber noch nicht getan und bei Sonova liegt das Rückkaufprogramm seit der Übernahme von Audionova auf Eis. Auch Swiss Re könnte jederzeit im Umfang von 1 Milliarde Franken zugreifen. Wie die Strategen schreiben, war der Rückversicherungskonzern in den letzten Jahren aber jeweils erst in den Monaten November bis Februar aktiv. Der Grund: Ende Oktober geht in den USA die Hurrikan-Saison zu Ende.
Sika und Roche gelten als Spezialsituationen
Auf der Suche nach dem nächsten Kandidaten für einen Aktienrückkauf werden die Experten bei zwei Spezialsituationen fündig. Ihres Erachtens könnte Roche Interesse am von Novartis gehaltenen Aktienpaket bekunden, sollte dieses zum Verkauf kommen. Ganz so einfach wäre dieses Unterfangen mit Blick auf die Besitzerstruktur bei Roche allerdings nicht.
Dasselbe könnte bei Sika der Fall sein, sollte der Verkauf der von der Schenker-Winkler-Holding kontrollierten Mehrheitsbeteiligung nach Frankreich scheitern. Einige Analysten schliessen jedenfalls nicht aus, dass Sika bei einem Scheitern der Transaktion für den Baustoffkonzern Saint-Gobain in die Presche springen und der Schenker-Winkler-Holding die Aktien abkaufen wird.
Von Aktienrückkäufen nicht auf steigende Kurse schliessen
Was die Auswirkungen von Aktienrückkaufprogrammen auf die Kursentwicklung anbetrifft, so äussern sich die Strategen von Julius Bär eher zurückhaltend. Sie räumen zwar ein, dass der Rückkauf eigener Aktien ein Zeichen der finanziellen Stärke und einer aktionärsfreundlichen Haltung der Firmenvertreter verstanden werden kann.
Dennoch gebe es keinen signifikanten statistischen Beweis, dass der Rückkauf eigener Aktien der Kursentwicklung auf lange Sicht hilft, so das eher ernüchternde Fazit. Das lässt sich wie folgt erklären: Nicht immer werden die zurückgekauften Titel auch vernichtet. Bei Richemont und Logitech werden sie beispielsweise den Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen zugeführt. Zumindest einen stützenden Effekt sagt man Aktienrückkäufen bei Julius Bär aber nach.