Firmen mit rein weiblichen Gründern machten 3,8 Prozent der Fintechs aus, die in den USA in diesem Jahr bis Oktober Kapital eingesammelt haben. Sie erhielten jedoch nur einen unterdurchschnittlichen Anteil der Mittel - lediglich 0,9 Prozent des von derartigen Firmen beschafften Geldes, berichtet Crunchbase, die Daten, Instrumente und Analysen zu privaten Unternehmen bereitstellt.

In den ersten drei Quartalen 2020 haben Finanztechnologiefirmen eine Rekordsumme von 16,9 Milliarden Dollar beschafft - laut Crunchbase ein Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Somit geraten von Frauen gegründete Unternehmen bei der Möglichkeit, Produkte zu entwickeln und Kunden zu gewinnen, ins Hintertreffen, während von Männern ins Leben gerufene Firmen zulegen. Von Frauen gegründete Fintechs sind weiterhin mit Vorurteilen konfrontiert, die schwer zu überwinden sind, erläutert Alaina Sparks, Geschäftsführerin und Leiterin der US-amerikanischen Fintech-Praxis beim Beratungsunternehmen Deloitte.

"Wir sind an dieser Schnittstelle von Finanzen und Technologie tätig - beides Branchen, in denen Frauen stark unterrepräsentiert sind", sagt Sparks.

Laut Crunchbase machten Fintechs mit sowohl männlichen als auch weiblichen Gründern fast 11 Prozent der Unternehmen aus, die Kapital anlockten, sie erhielten jedoch nur 6,9 Prozent der Gesamtmittel. Der Anteil der Finanzierung für Fintechs, die nur von Frauen sowie von gemischten Teams gegründet wurden, ist nach einem Gipfel in den Jahren 2017 und 2018 gesunken. In den letzten zwei Jahren haben sie in grossen Dollar-Runden weniger eingesammelt.

Männer dominieren Gründerszene

"Der Anteil, den männliche Gründer am Gesamttopf haben, ist bereits gross. Daher beobachten wir weiterhin, dass mehr Dollars dahin gehen, wenn diese Runden erweitert werden", sagte Katie Palencsar, Leiterin des Female Innovators Lab, eines in New York ansässigen Programms der Venture-Firma Anthemis Group und Barclays, das Frauen in der Fintech-Branche unterstützt.

Während der Coronavirus-Pandemie haben viele Risikokapitalgeber ihre Portfolios erhöht und bieten Unternehmen, in die sie bereits investiert haben, zusätzliche Unterstützung, sagte Palencsar. Da die meisten Unternehmen von Männern gegründet wurden, "haben wir genau dort einen Teufelskreis, wo dieses Kapital möglicherweise an weibliche Gründer oder gemischete Teams oder nur an mehr Gründer ausserhalb dieses traditionellen Portfoliomixes hätte gehen können", sagte sie.

Bei Unternehmen, die durch Risikokapital unterstützt werden, hinken Gründerinnen generell bei der Geldbeschaffung hinter ihren männlichen Kollegen her, aber die Lücke ist im Fintech-Sektor besonders gross. Auch in frühen Finanzierungsphasen bestehen weiterhin Unterschiede. In den letzten fünf Jahren waren laut Crunchbase die mittleren Transaktionsgrössen für von Frauen gegründete Fintechs in den Stadien Seed, Series A und Series B kleiner als für Fintechs mit männlichen oder gemischten Gründer-Teams.

Ungleichheit bei Gleichem

Tanya Van Court, Gründerin von Goalsetter, einer App für Kostenmanagement und Finanzbildung für Kinder, sagte, sie sei wiederholt von Investoren abgewiesen worden, als sie 2016 mit der Beschaffung von Pre-Seed-Mitteln begann. Sie sagten ihr, dass ihre Idee nicht "VC-unterstützbar" sei oder sie solle zu ihnen zurückkommen, wenn ihr Geschäft mehr "Dynamik" habe. Monate später investierten dieselben Investoren jedoch in von Männern gegründete Unternehmen, die auch Finanz-Apps für Kinder entwickelten, sagte Van Court.

"Bei Männern scheint die Finanzierung auf ihrem Versprechen zu beruhen", sagte sie. "Bei Frauen basiert sie auf Beweisen."

Van Court sicherte sich letztlich die Finanzierung von Pipeline Angels, einem Netzwerk weiblicher Angel-Investoren in den USA, das sich zusammen mit anderen Angel-Investoren-Gruppen und Accelerator-Programmen für die Unterstützung von Frauen als Unternehmer einsetzt. Dennoch sammelte ein Konkurrent mehr Startkapital ein als sie in vier Betriebsjahren, berichtet sie. Die Auswirkungen können weitreichend sein, da Fintechs Kapital benötigen, um mit Finanzinstituten zusammenzuarbeiten und Compliance-Systeme einzurichten.

(Bloomberg)