Mehr als 23.000 Investoren, Broker, Banker und andere Interessierte strömten Anfang der Woche zur jährlichen Immobilienkonferenz an die französische Rivera, um zwischen gesponserten Yachten und Hotelsuiten die wenigen Deals zu begutachten, die derzeit auf dem Markt sind. Stattdessen verbrachten sie die ersten Tage damit, nervös auf ihre Handys zu schauen, um zu schauen, welche Bank als nächste ins Wanken geraten könnte.

Die Teilnehmer eines Empfangs, zu dem Goldman Sachs am Mittwoch eingeladen hatte, konnten über kaum etwas anderes sprechen. "Ich würde sagen, mit der Credit Suisse haben die meisten Institutionen in Europa eine Beziehung und daher ist jeder, der hier unten ist, betroffen", sagte Torsten Holstein, Geschäftsführer der CR Investment Management, die sich kürzlich auf notleidende Immobilienkredite konzentriert hat.

Banker in Cannes berichteten von Anrufen der Zentrale: "Sie überprüfen ihre Liquiditätspositionen, und das ist Liquidität, die bei Immobilienanleihen fehlen wird." Die jüngste Volatilitätswelle wurde durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank ausgelöst, der die Börsenkurse einbrechen liess und die Einleger von US-Regionalbanken veranlasste, ihr Geld zu grösseren Banken zu bringen. Einige der Probleminstitute waren bedeutende Kreditgeber im Immobilienbereich, was Bedenken hinsichtlich der Verfügbarkeit von Darlehen aufkommen liess.

Der Immobilienmarkt ist extrem schwierig

"Niemand in der Immobilienbranche hatte vor Freitag von der SVB gehört", sagte Isabelle Scema, Chefin von AXA IM Alts, dem grössten Immobilieninvestor in Europa. "Es sind immer die Schwäne, mit denen man nicht rechnet." Das Transaktionsvolumen für europäische Immobilien ist stark zurückgegangen. Investoren hatten angesichts der unsicheren Zinsaussichten Schwierigkeiten Deals zu zeichnen. Das letzte Quartal war für Immobilien in Europa das bislang schlechteste. Das Volumen der Londoner Bürodeals fiel auf ein 20-Jahres-Tief.

"Es ist ganz klar, dass Kapital aus dem Immobiliensektor abwandert und etwa in festverzinsliche Wertpapiere fliesst", sagte der Vorstandschef der Commerz Real AG, Henning Koch, im Bloomberg-Interview. "Das heisst, der Investmentmarkt ist im Moment tot." Der Rückzug der Banken aus der Immobilienfinanzierung hinterlässt eine Finanzierungslücke für fällig werdende Kredite. Deren Volumen beträgt in Europa in diesem und im nächsten Jahr rund 200 Milliarden Euro. Die Lücke könnte grösser werden, wenn weitere Institute in Turbulenzen verwickelt werden.

"Es gibt eine Verflechtung auf dem Markt, und das ist die eigentliche Sorge: Gibt es einen Rückkopplungseffekt?", sagte Jani Nokkanen, Chief Investment Officer von Nordic Real Estate Partners. "Grundsätzlich geht es um Psychologie." Der Zusammenbruch der SVB hat auch die Wetten der Händler darauf verändert, wann die US-Notenbank mit der Senkung der Leitzinsen beginnen wird und wie weit diese gehen wird. Diese Spekulationen haben den Immobilienaktien Auftrieb gegeben, vor allem bei den nordischen Vermietern, deren Aktienkurse eng mit den Erwartungen künftiger Zinserhöhungen korrelieren.

"Wir befinden uns definitiv in einer turbulenten Welt, in der gute Nachrichten schlechte Nachrichten und schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind", sagt Alexander Knapp, Chief Investment Officer für Europa bei Hines. Die schwankenden Erwartungen zur Geldpolitik haben dem Immobilienmarkt in diesem Jahr zugesetzt. Anfänglicher Optimismus, dass es den Zentralbanken gelungen sei, die Inflation zu zähmen, wich erneuter Unsicherheit, als Zahlen zu Arbeitsmarkt und Wirtschaftswachstum besser ausfielen als erwartet. 

"Dies ist der schwierigste Markt, an den ich mich in meiner gesamten Karriere erinnern kann", sagt Dana Gibson, Leiter Immobilien Europa bei Macquarie Asset Management.

(Bloomberg)