Die Knappheit an der US-Devise belastet lokale Währungen, erhöht Schuldenkosten und beeinträchtigt den Handel. Eines der betroffenen Unternehmen ist die kenianische Tee-Kooperative KTDA. "Wir haben wirklich einen Schlag einstecken müssen", sagt Konzernchef Wilson Muthaura.

Während KTDA-Kunden normalerweise in Dollar im Voraus bezahlten, habe das Unternehmen bei Käufern aus Pakistan auf Akkreditive - ein mittels einer Bank geschlossenes Abkommen zur Zahlungsabwicklung - zurückgreifen müssen. Als das Land in eine Krise geriet, drängte Muthaura die Regierung in Islamabad, den Tee von KTDA auf eine Liste lebenswichtiger Güter zu setzen, um den Importeuren Zugang zu Dollar zu verschaffen.

Muthauras Bemühungen in Pakistan waren erfolgreich, aber KTDA steht auch auf seinem zweitgrössten Markt Ägypten vor ähnlichen Problemen. Dort habe die starke Währungsabwertung Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit Kairos geweckt, Dollar-Schulden zu begleichen.

Der Anstieg der globalen Zinssätze hat Sri Lanka und Ghana bereits in den Zahlungsausfall getrieben. Tunesien steht kurz davor. Nigeria könnte bald die Hälfte oder mehr der Staatseinnahmen für Zinszahlungen ausgeben müssen. Auch Kenia selbst gilt als gefährdet.

"Die Volkswirtschaften von Entwicklungsländern leiden unter steigenden Importrechnungen, die durch eine Verschärfung der globalen Finanzbedingungen und eine allgemeine Flucht in sichere Häfen noch höher werden", sagte David Willacy, Devisenhändler beim Finanzdienstleister StoneX in London. Zudem dürften die betroffenen Länder auch weniger ausländische Investitionen erhalten, sagte Charlie Robertson, Chefstratege beim Vermögensverwalter FIM Partners.

Dollar aus dem Schwarzmarkt

Obwohl der Anteil des Dollars am globalen Handel als weltweite Reservewährung innerhalb eines Jahrzehnts von 70 auf knapp 60 Prozent gesunken ist, dominiert er weiter den Welthandel. Da er weithin angenommen wird und seinen Wert weitgehend behält, ist er auch bei der Bevölkerung in Entwicklungsländern nach wie vor sehr beliebt.

Dabei ist das Aufkommen paralleler Wechselkurse oder eines inoffiziellen Marktes für den Kauf von Dollar und anderen wichtigen Währungen oft ein frühes Anzeichen dafür, dass ein Land in Schwierigkeiten gerät. "Wenn ich Dollars brauche, muss ich sie auf dem Schwarzmarkt kaufen, und das ist teuer", sagt Arouluwa Ojo, ein Student in Nigerias Hauptstadt Lagos.

Nigeria ist die grösste Volkswirtschaft Afrikas und ein wichtiger Ölexporteur, der sein Rohöl in Dollar verkauft. Da es jedoch an Raffineriekapazitäten mangelt, muss es Kraftstoffe importieren, was zu Engpässen bei der harten Währung führt. Auch in Argentinien gibt es aufgrund der wiederkehrenden Krisen seit Jahren parallele Wechselkurse. In Kuba und Venezuela führt eine Mischung aus wirtschaftlichen Problemen und US-Sanktionen häufig dazu, dass man Dollar oder Euro benötigt, um Waren wie Medikamente und Fleisch zu kaufen.

Reserven sinken - auf der Suche nach Alternativen

Dass ein Land seine Devisenreserven aufbraucht, ist ein weiteres, allgemein anerkanntes Krisenzeichen. Das auf Versicherungen gegen politische Risiken spezialisierte britische Unternehmen Chaucer schätzt, dass die Devisenreserven von 91 der 142 Länder in den vergangenen zwölf Monaten geschrumpft sind, mehr als ein Drittel davon um mehr als zehn Prozent - ein Trend, der durch den steigenden Dollar noch verstärkt wird.

Der Einbruch der bolivianischen Devisenreserven um rund 70 Prozent hat zu Warteschlangen in Banken und Wechselstuben geführt, da einige Händler die lokale Währung nicht mehr akzeptieren. "Für unsere Kunden ist es besser, mit Dollars zu kommen, denn Bolivianos lohnen sich für uns nicht", sagte Verkäufer Ronal Mamani dem lokalen Sender La Paz TV. "Wir wissen nicht genau, welcher Wechselkurs gilt."

Politiker wie Kenias Präsident William Ruto haben sich inzwischen für ein Zahlungssystem mit lokalen Währungen ausgesprochen. Was der Dollar überhaupt in den örtlichen Geschäften zu suchen habe, wollte Ruto während einer Handelskonferenz in Nairobi wissen. Auch der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat die Idee einer gemeinsamen Währung propagiert. "Wir brauchen eine Währung, die den Ländern mehr Ruhe geben könnte", sagte er im April.

Die BRICS-Gruppe der Schwellenländer wird diesen Vorschlag möglicherweise auf einem Gipfeltreffen im August erörtern, auch wenn es als unwahrscheinlich gilt, dass er bald Wirklichkeit wird. Argentinien erklärte indes, dass es für chinesische Importe in Yuan zahlen würde. Die strengen Kapitalkontrollen Chinas und die Grösse des Markets für Dollar macht es jedoch unwahrscheinlich, dass die chinesische Währung die Vormachtsstellung der US-Währung in absehbarer Zeit brechen könnte. 

(Reuters)