Für den einen oder anderen Anleger mag der Montag wie eine kleine Rückblende in gute alte Zeiten gewesen sein, als die Kurse von Aktien und Gold noch negativ korrelierten. Denn die jahrzehntelang gültige Marktregel lautet: Steigen die Kurse an Börsen, hat es Gold schwer und umgekehrt.

Das liegt daran, dass in der Regel Aktien in wirtschaftlich guten Zeiten gesucht sind, während in unsicheren Zeiten Gold der sichere Hafen schlechthin ist. Nun waren die letzten 18 Monate sowohl für Gold als auch für Aktien ausgesprochen gute Monate. Und das trotz grosser Unsicherheiten wie dem Handelskrieg, geopolitischer Konflikte, einer schwächelnden Konjunktur und zuletzt eben dem neuartigen Coronavirus.

Kursentwicklung des Goldpreises (rot) und des SMI (grün) seit Oktober 2018, Quelle: cash.ch. 

Am Montag änderte sich die Lage schlagartig. Sorgte das Virus zunächst nur in Asien für wirkliche Sorgenfalten, führen die ersten europäischen Todesopfer in Italien nun auch an den Märkten hierzulande zu einer ersten heftigen Korrektur. Am Montag verlor der SMI fast vier Prozent. 

Gold ist Anlage der Stunde

Gold hingegen ist die Geldanlage der Stunde. Seit Anfang Jahr bereits um über 10,5 Prozent gestiegen, legte der Goldkurs allein am Montag noch einmal um rund zwei Prozent zu. Gegenwärtig notiert er bei etwa 1675 Dollar so hoch wie zuletzt vor sieben Jahren. Das alte Gesetz der negativen Korrelation scheint wieder zu gelten – zumindest vorübergehend.

Für Experten ist klar: Das in Europa ankommende Coronavirus befeuert die Goldrally und drückt die Kurse an den Börsen. "Gold reagiert besonders auf Krisen, die auch auf andere Finanzmärkte Auswirkungen haben", sagt Eugen Weinberg, Gold-Experte von der Commerzbank in Frankfurt, auf Anfrage von cash. Das China-Virus sei jetzt auch an Europas Aktienmärkten zu spüren und gebe dem Goldpreis zusätzlichen Schub.

Jetzt noch einsteigen?

Doch wie lange dauert die gegenwärtige Goldrally noch an? "Das hängt in erster Linie vom Verlauf des Coronavirus ab", sagt Giovanni Staunovo, Rohstoff-Analyst der UBS, im Gespräch mit cash. "Sollte sich das Virus-Thema wieder beruhigen, sehe ich grosse Schwierigkeiten für weiter steigende Goldpreise", so Staunovo. Derzeit gehe man auch davon aus, dass sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte entspannt.

Kurzfristig sieht der UBS-Analyst jedoch durchaus noch Chancen für eine Fortführung der Goldrally – auch ohne Coronavirus. Denn: "Manche Investoren haben es verpasst, in Gold einzusteigen." Diese würden jetzt laut Staunovo vermutlich noch aufsteigen, was den Preis noch eine Weile treiben dürfte.

Weinberg hingegen sieht die kurzfristig stark anziehende Rally beim Goldpreis eher kritisch. "Der Anstieg des Goldpreises war ausgesprochen stark. Ein Rücksetzer ist daher wahrscheinlich", so Weinberg. Dafür müsse sich aber auch die Lage an den restlichen Märkten entspannen. "Der Goldpreis führt kein Eigenleben."

Langfristig sei man aber durchaus von einem steigenden Goldpreis überzeugt, wenn auch aus anderen Gründen. Der grosse Treiber seien die tiefen Zinsen. "Gold ist ein Kapitalschutz in Zeiten ultralockerer Geldpolitik", so Weinberg.

«Gold kann kurzfristig nach oben überschiessen»

Auch Roland Egger von der Privatbank Lombard Odier betont die Bedeutsamkeit der Zinsen für den steigenden Goldpreis. "Die Angst vor dem Coronavirus wirkt sich gleichzeitig auch auf die Realzinsen aus, die durch die Flucht in sichere Häfen deutlich nach unten gehen." Das sei ein weiterer Support für den Goldpreis, so Egger.

Durch die tiefen Zinsen entfällt schon seit längerer Zeit der gewichtigste Nachteil von Gold gegenüber anderen als sicher geltende Anlagen, wie etwa Anleihen. Nämlich dass Gold keine Zinsen zahlt.

Chancen für steigende Preise beim Edelmetall sieht Egger trotzdem nur noch auf kurze Sicht. "Kurzfristig kann der Preis nach oben überschiessen." Allerdings rechnet auch er langfristig eher mit tieferen Kursen. Auf 12 Monate sieht Egger den Goldpreis bei 1500 Dollar je Unze.