Ob mit europäischen Immobilien, mit Schwellenländer-Anleihen oder mit Aktien aus der Schweiz: Überall konnten Anleger im laufenden Jahr Gewinne realisieren. Ganz anders bei Rohstoffen. Sie sind mit einem Minus von mehr als 9 Prozent seit Jahresbeginn die schlechteste der grossen Anlageklassen.

Anfang Mai notierte der "S&P GSCI", ein wichtiger Index, der 24 Rohstoffe umfasst, auf dem tiefsten Stand seit Ende November. Zwar hat sich der Index seither leicht erholt. Es stellt sich aber die Frage, ob und wieviel Aufholpotenzial noch vorhanden ist.

Rohöl: Die USA pumpen wie wild

Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Preisen für Rohöl, da sie für mehr als 35 Prozent der Indexbewegungen verantwortlich sind. Nach einem mehrmonatigen Tiefststand ist der Preis der Nordseesorte Brent in der vorigen Woche wieder über 50 Dollar geklettert. Der Grund: Die Ölgiganten Saudi-Arabien und Russland haben sich auf eine Verlängerung der laufenden Fördersenkung verständigt.

Doch Experten glauben auf lange Sicht nicht an eine starke Erholung der Ölpreise. Zum einen steigt die Produktion in den USA derzeit rasant, wie die folgende Grafik des Energieministeriums zeigt. Als Folge davon nähern sich auch die Lagerbestände ihren Höchstständen an. Zum andern ist auch in Kanada und Brasilien ein Angebotswachstum zu beobachten.

Somit erwarten die Experten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) für Öl und Gas in den nächsten Monaten seitwärts laufende Preise. Die Bank Julius Bär hat für Brent-Öl gar eine 12-Monats-Prognose bei 47,5 Dollar ausstehend. Nächstes preistreibendes Ereignis dürfte am 25. Mai das Treffen des Opec-Ölkartells sein. Dann wird entschieden, ob die Kürzung der Fördermenge verlängert wird. Auch die Zahlen zu den US-Erdöllagerbeständen von Mittwochnachmittag werden am Markt mit Interesse erwartet.

Ebenfalls einen grossen Einfluss auf den Rohstoffindex hat der Goldpreis. Anders als beim Rohöl sind hier die Preise seit Anfang aber bereits deutlich angestiegen (+7 Prozent). Vom aktuellen Stand bei 1234 Dollar bis zum letztjährigen Hoch (1375 Dollar) fehlt allerdings noch ein gutes Stück (siehe Chart).

Die Unze Gold in Dollar im Verlauf der letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch

Die sogenannte "Antikrisen-Währung" hat in jüngster Vergangenheit von politischen Spannungen profitiert. Zudem ist nach wie vor eine Wechselwirkung zwischen dem Goldpreis und dem amerikanischen Dollar sichtbar: Steigt der Dollar, fällt für gewöhnlich der Goldpreis - und umgekehrt. Diese negative Korrelation lässt sich damit erklären, dass Anleger im Edelmetall Schutz vor Teuerung suchen.

Trotz des aus Marktsicht versöhnlichen Ausgangs der französischen Präsidentschaftswahlen bleiben geopolitische Unsicherheiten bestehen, was eine Gold-Verkaufswelle eindämmen dürfte. Begrenzt wird das Aufwärtspotenzial allerdings durch die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA und damit zusammenhängend einen stärkeren Dollar.

Kakao und Zucker vor Erholung

Interessant ist auch die Ausgangslage für die als "soft commodities" bezeichneten Agrarrohstoffe. Zum Beispiel bei Kakao: Nach Jahren mit Angebotsdefiziten wird am Markt nun ein Erntejahr mit rekordhohem Angebotsüberschuss erwartet. Das hat dazu geführt, dass der Kakaopreis bis Februar 2017 auf den tiefsten Stand seit fast fünf Jahren gefallen ist. Was dem Rohstoff für Schokolade langfristig zum Anstieg verhelfen dürfte, sind die aufstrebenden Schwellenländer und ihr zunehmender Appetit auf Kakao.

Dieser Treiber gilt auch für den Zuckerpreis. Für das Erntejahr 2016/17 wird erwartet, dass die globale Zuckernachfrage die Produktion übertreffen wird. Grundsätzlich muss der Zuckerpreis langfristig über 20 US-Cents pro Pfund liegen, um Anbau und Verarbeitung von Zuckerrohr attraktiv zu machen, wie die ZKB in einer Analyse schreibt. Aktuell steht er bei 0,16 Dollar. Die ZKB prognostiziert für beide "soft commodities" vorerst wenig veränderte Preise, in zwölf Monaten aber einen merklichen Preisanstieg.