«Wie stimmen Sie am 28. September über die Abschaffung des Eigenmietwerts ab?» Diese Frage stellte cash.ch seiner Leserschaft vor Wochenfrist in einer Online-Umfrage.
Das Resultat ist überaus klar. 75 Prozent der insgesamt 11’496 Teilnehmenden werden an der Volksabstimmung bei der Vorlage «Bundesbeschluss über kantonale Steuern auf Zweitliegenschaften» ein «Ja» in die Urne legen. 25 Prozent sind dagegen.
Ergebnisse der cash.ch Umfrage zur Abstimmung über den Eigenmietwert.
Die Online-Umfrage von cash.ch erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Doch sie fügt sich ins Bild der bisherigen Wahlumfragen zum selben Thema.
Laut dem SRG-Stimmungsbarometer, durchgeführt von GFS Bern, hatten sich rund sieben Wochen vor der Abstimmung 58 Prozent der befragten Stimmberechtigten für die Abschaffung des Eigenmietwerts ausgesprochen. Die SRG führt derzeit eine zweite Umfrage durch, die bis zehn Tage vor der Abstimmung läuft. Auch der Medienverlag Tamedia hat, basierend auf Abstimmungen auf ihren Newsportalen, eine 65-prozentige Zustimmung für die Abschaffung des Eigenmietwerts ermittelt.
Die hohe Zustimmungsrate von 75 Prozent bei der cash-Umfrage lässt sich mit der relativ grossen Zahl der Immobilienbesitzer unter den cash-Lesern erklären. Frühere Leser-Befragungen ergaben, dass rund die Hälfte des cash-Publikums Stockwerk- oder Hauseigentümer ist.
Das ist deutlich mehr als der Schweizer Durchschnitt. Landesweit besitzen lediglich 36 Prozent der Haushalte Wohneigentum, während knapp zwei Drittel der Bevölkerung in Mietwohnungen leben.
Nein-Lager holt offenbar auf
Neuere Zahlen des Meinungs- und Forschungsinstituts YouGov deuten nun auch darauf hin, dass die Vorlage auf der Kippe stehen könnte. Im Vergleich zur ersten YouGov-Umfrage vom Juli ist die Zustimmung für die Vorlage über die Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften deutlich gesunken, von 58 auf 53 Prozent.
Sollte die Vorlage jedoch angenommen werden, würde die Schweizer Stimmbevölkerung einem Systemwechsel zustimmen: Der Eigenmietwert, eine «fiktive» Steuer auf selbst bewohntes Eigentum, würde in Zukunft wegfallen. Damit dies aber geschieht, muss gleichzeitig die Vorlage über die Einführung kantonaler Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften angenommen werden.
Die ursprüngliche Idee hinter dem Eigenmietwert, eine Balance zwischen Mietenden und Eigentümerinnen und Eigentümer zu schaffen, birgt bereits seit Jahren politischen Zündstoff. Hauseigentümer kritisieren sie als ungerecht, während Gegner der Abschaffung vor Fehlanreizen warnen. Mehr dazu hier.
Trotz der hohen Zustimmungswerte polarisiert das Thema auch bei der cash-Community. In den Kommentaren zur Umfrage wird der Eigenmietwert teils als «spekulativ» oder gar als «Diebstahl» bezeichnet. Andere Leserinnen und Leser, die selbst Wohneigentum besitzen, kündigten hingegen ein «Nein» an, da sie die Vorlage als «alles andere als fair und ausgewogen» empfinden.
9 Kommentare
Guten Tag, Eigenmietwert abschaffen ja. Mein Argument, dass ich noch nie gehört habe, heisst zugleich Abschaffung der Bürokratie.
Die Abschaffung der Besteuerung des Eigenmehrwertes sollte genau überdacht werden. Liebe Nichtbesitzer von Wohneigentum, Ihr solltet mal nachdenken, dass das entstehende grosse Loch von Steuereinnahmen ALLE, also auch euch betrifft. Die Steuern würden für alle, auch für jeden Nichtbesitzer, massiv steigen, um das Loch zu stopfen.
Als Eigentümer sehe ich das genauso. Die Abschaffung des Eigenmietwerts klingt auf den ersten Blick verlockend, doch die Folgen betreffen nicht nur uns Eigentümer, sondern die gesamte Bevölkerung. Heute bringt der Eigenmietwert Bund und Kantonen jedes Jahr Milliarden an Einnahmen. Fällt das weg, entsteht ein grosses Loch in den öffentlichen Finanzen. Dieses wird nicht von alleine verschwinden, sondern über höhere Steuern oder Sparprogramme ausgeglichen. Das bedeutet, dass auch Mieter und Steuerzahler ohne Wohneigentum die Zeche zahlen. Eine solche Lösung ist weder fair noch nachhaltig. Wenn wir das System verändern wollen, dann mit einer ausgewogenen Reform, die alle berücksichtigt und nicht einseitig eine kleine Gruppe entlastet und die breite Bevölkerung belastet.
Dear Fox,
Du mischst hier viele Themen ganz wuest:
- Investmentfirmen schreiben Zinsen ganz anders ab
- die Abzugsfaehigkeit der Zinsen ist ein Zuschuss an Hauseigentuemer um Neukaeufern die Last zu erleichtern und damit das Gegenteil deiner Aussage
- Die Gewinner der Abschaffung sind spaehrlich (ca 2-10000 Haushalte schweizweit)
- Ein kaum erwaehnter Fakt: wo werden in Zukunft unsere Pensionskassengelder landen? Richtig, als Bonus in den Tachen der UBS/Goldmann Sachs etc Zauberer, denn in der Schweiz fehlt uns einfach die Moeglichkeit zu investieren
Schulden zu belohnen ist nicht das, was ein Staat tun sollte. Nicht umsonst sinkt der Anteil an privat gehaltenen Immobilien seit 1946. Wohnen wird immer mehr zur Spekulationanlage von anonymen Investmentfirmen. Das treibt die Mieten unter anderem nach oben. Man kennt seinen Vermieter nur noch anonym. Beim aktuellen System Eigenmietwert dürfen auch Konsumschulden abgezogen werden, toll für Überschuldungen und Rettungen durch den Steuerzahler. Statt eine Hypothek abzuzahlen rechnet es sich das Geld anderweitig an zu legen oder aus zu geben, das wiederum erhöht das Risiko eines Bankencrashs - für das dann wieder der Steuerzahler herhalten muss. Sparen ist heute out, kaufe heute, geniesse und zahle morgen.
Welcher Immobilienbesitzer fällt dem Staat zur Last? Der Eigenmietwert muss weg und 2. Wohnungen sollten stärker besteuert werden. Beides wird wohl nicht stattfinden, der Mittelstand wird zahlen, wie immer.
Lieber Fox
Auch nach meinem Verständnis gibt es zwei unterschiedliche Perspektiven:
a) Eigenheim-Besitzer
Der Eigenmietwert ist ein Unding, den es nur 1 x gibt auf der Welt. Nirgends sonst muss ich die Nutzung eines Gegenstandes versteuern, der mir gehört und für den ich - zumindest teilweise - angespart habe. Er gehört ein für alle Mal abgeschafft, inkl. aller Abzugsmöglichkeiten. Ob dem umweltfreundlichen Stimmbürger allerdings auch bewusst ist, dass damit sämtliche dem Energiesparen (Wärmepumpen, PV-Anlagen, Fassadendämmungen) und dem Umweltschutz dienenden Aufwendungen steuerlich nicht mehr begünstigt werden, wäre zu hinterfragen.
b) Private Besitzer von Mehrfamilienhäusern
Ob Lohnausweis oder Erfolgsrechnung gilt im Steuerrecht der Grundsatz, dass Aufwendungen, welche für die Erzielung eines steuerbaren Ertrages nötig sind, vom Bruttoerlös in Abzug gebracht werden dürfen (z.B. öV-Billette, Auswärtsverpflegung, Weiterbildung). Mit Einführung der quotal-restriktiven Methode werden aber künftig die auf einem Mehrfamilienhaus anfallenden Hypothekarzinsen nur noch teilweise in Abzug gebracht werden können. Nachzulesen im geänderten DBG. Und der Wegfall der Abzugsfähigkeit von Energiesparmassnahmen beim Bund gilt natürlich auch hier. Ob diese Abzugsmöglichkeit bei der Anpassung der Steuergesetze in den einzelnen Kantonen erhalten bleibt oder wegfällt, wissen wir nicht, denn wir stimmen ja "nur" über den Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften ab ... Oder hat hier jemand genauere bzw. verlässlichere Informationen? Der Wegfall dieser Abzugsmöglichkeit und die verlangte Einführung einer Mietzinskontrolle sind geeignet, die Modernisierung unseres Wohnungsbestanes im Stile der Kantone Basel und Genf voranzutreiben ...
Herz und Verstand sagen ja zur Abschaffung des Eigenmietwertes, das Portemonnaie leider nein!
Der Eindruck, der Eigenmietwert belohne Schulden, ist weit verbreitet, aber er stimmt so nicht. Niemand kommt auf die Idee, 10 000 Franken Zinsen zu zahlen, nur um vielleicht 2 500 Franken Steuern zu sparen. Das ist ein Verlustgeschäft. Der Eigenmietwert setzt den Wohnvorteil als Einkommen an und erlaubt im Gegenzug den Abzug von Zinsen und Unterhalt. Das ist kein Anreiz zur Überschuldung, sondern ein steuerlicher Ausgleich.
Dass Wohnen immer mehr zur Anlage für institutionelle Investoren wird, liegt nicht am Eigenmietwert, sondern an den Marktbedingungen, an der tiefen Zinsphase der letzten Jahre und an fehlendem Wohnraum. Das sind Probleme, die politisch angegangen werden müssen. Den Eigenmietwert einfach abzuschaffen löst diese Probleme nicht, sondern schafft neue: Er entlastet in erster Linie Vermögende mit abbezahlten Häusern und reisst ein Milliardenloch in die öffentlichen Finanzen. Am Ende zahlt auch hier wieder der Mittelstand.