Der Bitcoin hat am Montagabend mit 126'400 Dollar ein neues Allzeithoch erreicht, nachdem die älteste Kryptowährung der Welt die letzten drei Monate in einer Seitwärtsbewegung konsolidiert hat. Die schwache amerikanische Valuta, der Regierungsstillstand in den USA, geopolitische Unsicherheiten, hohe Optionsvolumina und saisonale Effekte treiben den Preis an. Die hohe Nachfrage gerade von institutionellen Anlegern und das makroökonomische Umfeld könnten weiter für Unterstützung sorgen. 

Der ETF «iShares Bitcoin Trust» von Blackrock ist letzte Woche mit einem verwalteten Vermögen von 90,7 Milliarden US-Dollar in die Top 20 der ETFs aufgestiegen. Am letzten Mittwoch verzeichnete der ETF mit 405,5 Millionen Dollar den höchsten Tageszufluss seit Mitte August. Alle US-Bitcoin-ETFs verzeichneten am selben Tag insgesamt Zuflüsse von 675,8 Millionen Dollar - das ist der höchste Stand seit dem 10. September.

Die Bitcoin-Rally ist ebenso auf die Begeisterung der Krypto-Community zurückzuführen, dass der Oktober in der Vergangenheit jeweils die beste durchschnittliche Performance vorwies. Der durchschnittliche Oktober-Gewinn des Bitcoins beträgt gemäss Bloomberg-Daten 17,1 Prozent in den letzten sieben Jahren. Daher scheint der Krypto-Meme-Ausdruck  «Uptober» in den allgemeinen Investment-Wortschatz Einzug zu halten. Dies birgt das Potenzial, dass traditionelle Anleger angesichts der steigenden globalen Risikobereitschaft weiter in Token investieren.

Positiv wirkt sich auch die verstärkte Korrelation der virtuellen Währungen mit Technologieaktien aus. Beide Sektoren gewinnen seit zwei Wochen laufend an weiterer Dynamik.

Steigende Optionsvolumen

Die Anzahl offener Optionspositionen auf den «iShares Bitcoin Trust» stieg am vergangenen Freitag auf einen Rekordwert von 49,8 Milliarden Dollar. Die gesamten offenen Positionen an Deribit, einer beliebten Krypto-Derivatebörse, und IBIT zusammen nähern sich der 80-Milliarden-Dollar-Marke. Das entspricht in etwa dem Zehnfachen des Niveaus von Anfang 2024. Der Grossteil des Volumenzuwachses wurde dabei in den letzten sechs Monaten erzielt, so David Lawant, Leiter Research des Krypto-Brokers FalconX, in einer Kundennotiz vom Montag.

Strukturell spreche vieles für eine Fortsetzung der Rally bis Jahresende, meint Stefan Höchle, Head Investment Strategy von Digital Asset Solutions in Zürich, auf Anfrage von cash.ch. «Der Markt bleibt durch ETF-Zuflüsse, die Angebotsverknappung bei Bitcoin und ein zunehmend lockeres geldpolitisches Umfeld unterstützt. Historisch zählen Oktober bis Dezember zu den stärksten Phasen des Kryptomarktes, und auch diesmal sind die Voraussetzungen ähnlich.»

Risiken nicht ausblenden

Mit dem Erreichen des jüngsten Allzeithochs verändert sich indessen das Verhalten der Privatanleger. Bitcoin-Zuflüsse zu Binance von Adressen mit weniger als einem Bitcoin stiegen in den letzten Tagen stark an. Dieser Trend ist gemäss der Research-Boutique CryptoQuant um so bemerkenswerter, da der monatliche Durchschnitt in den letzten Monaten nicht solche Werte erreicht hat. Dies sei ein klares Zeichen für die Rückkehr kleinerer Anleger in den Markt. In der Vergangenheit war dies jeweils ein zuverlässiger Vorbote, dass Privatanleger Gewinne mitnehmen. Ob es dieses Mal auch so kommt, ist vorderhand offen. Das Gesamtvolumen der Transfers ist derzeit zu gering. 

Kurzfristig könnten aber auch einzelne makroökonomische und regulatorische Faktoren die Rally bremsen, meint der Experte von Digital Asset Solutions. «Sollten sich die erwarteten Zinssenkungen der US-Notenbank verzögern oder Inflationsdaten wieder anziehen, würde den Risikoappetit und die Liquidität dämpfen. Auch ein zu schneller Anstieg der Kurse könnte Gewinnmitnahmen auslösen, zumal Anleger nach dem neuen Allzeithoch bei Bitcoin Teilgewinne sichern dürften», so Höchle weiter.

Auf der regulatorischen Seite bestehe zudem das Risiko, dass einzelne ETF-Zulassungen verschoben oder zusätzliche Auflagen formuliert werden. «Strukturell bleibt das Marktumfeld aber konstruktiv – temporäre Rücksetzer wären eher Teil eines fortgesetzten Aufwärtstrends als Beginn einer Trendwende», so die Argumentation des Strategen von Digital Asset Solutions. 

Eine Kursrally, welche immer stärker Liquiditäts- und Sentiment-bezogen ist, mahnt bis zu einem gewissen Grad zur Vorsicht. Es gilt in einem solchen Umfeld, übermässig grosse Positionen zu vermeiden. Entsprechend wichtig ist ein regelmässiges Rebalancing der Position. Steigt der Bitcoin im Kurs, so werden so viele Bitcoins verkauft, bis das Exposure wieder auf die definierte Depotgewichtung von zum Beispiel 2 Prozent zurückfällt. Sinkt der Bitcoin-Kurs auf der anderen Seite und der Anteil im Portfolio fällt unter 2 Prozent, so werden Bitcoin hinzugekauft, bis die Gesamtallokation von 2 Prozent wieder erreicht ist. Aufgrund der hohen Schwankungen des Bitcoins ist es zudem ratsam, gestaffelt ein- und auszusteigen.

Thomas Daniel Marti
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