In wenigen Stunden tritt Mario Draghi zum letzten Mal vor die Medien. Gut möglich, dass seine Ära bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mit einem lauten Paukenschlag endet. Die Frage lautet nämlich nicht ob die EZB die Leitzinsen weiter senken wird. Offen ist vielmehr, ob der Zinsschritt nun 10, 20 oder gar noch mehr Basispunkte umfasst.

Für Société Générale zählt die Zurich Insurance Group zu den Gewinnern der historisch tiefen Zinsen. Wie die französische Grossbank schreibt, weist der Versicherungskonzern die geringste Zinsabhängigkeit in ganz Europa auf. Société Générale stuft die Zurich-Aktie deshalb von "Hold" auf "Buy" herauf und erhöht das 12-Monats-Kursziel kräftig auf 425 (zuvor 330) Franken. Das ist mutig, ist die Aktie zuletzt doch gut gelaufen. Den Dividendenabgang vom April mitberücksichtigt, errechnet sich seit Jahresbeginn ein ansehnliches Kursplus von 36 Prozent.

Erhebungen von Société Générale zufolge sind bei Zurich Insurance nur gerade 4 Prozent des Jahresgewinns von der Zinsentwicklung abhängig. Dem steht ein Durchschnitt europäischer Versicherer von 14 Prozent gegenüber. Die französische Grossbank erklärt sich diese Differenz damit, dass Zurich Insurance im Geschäft mit Lebensversicherungen praktisch keine Zinsgarantien abgibt.

Des einen Freud, des anderen Leid

Was gut für Zurich Insurance ist, muss nicht zwangsläufig auch für die UBS gut sein. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte Société Générale ihre Verkaufsempfehlung für die Aktie der grössten Schweizer Bank. In Erwartung rückläufiger Margen im Zinsdifferenzgeschäft überarbeitete die französische Grossbank ihre Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre noch einmal mit dem dicken Rotstift. Neuerdings liegen die Annahmen um bis zu 19 Prozent unter den durchschnittlichen Schätzungen anderer Banken. Dies spiegelt sich auch im gerade mal 9,60 (zuvor 10,50) Franken lautenden 12-Monats-Kursziel.

Kursentwicklung der Zurich-Aktie (rot) im 12-Monats-Vergleich mit jener der UBS-Aktie (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Damit giesst Société Générale weiter Öl ins Feuer. Denn anders als der Zurich-Aktie wird jener der UBS die undankbare Rolle des Schlusslichts unter den Vertretern aus dem Swiss Market Index (SMI) zuteil. Selbst den Dividendenabgang aufgerechnet, notiert die Aktie noch immer unter dem Stand von Ende Dezember. Dem steht ein um fast 24 Prozent höherer SMI mit Dividenden-Korrektur gegenüber.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Kursentwicklung gilt die Zurich-Aktie mit einer Dividendenrendite von 5 Prozent nicht länger als der dividendenstärkste SMI-Titel. Hier kommt neuerdings die UBS-Aktie mit einer Rendite von 6,1 Prozent ins Spiel.