Der Handelsstreit zwischen den USA und China ist nach mehreren Wochen relativer Ruhe eskaliert. US-Präsident Donald Trump kündigte in der Nacht auf Samstag (MESZ) zusätzliche Zölle von 100 Prozent auf alle Importe aus China an. Sie sollen ab dem 1. November gelten.

Zudem würden Exportkontrollen auf sämtliche kritische Software verhängt, schrieb Trump auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Als Grund nannte er eine Ankündigung Chinas, ab dem 1. November umfassende Exportkontrollen für praktisch alle Produkte des Landes zu verhängen.

Stunden zuvor hatte Trump mit neuen Zöllen gedroht und ein geplantes Treffen mit seinem Amtskollegen Xi Jinping infrage gestellt. Später ruderte er jedoch vor Reportern im Weissen Haus zurück. Er habe das Treffen nicht abgesagt, sagte er. Zudem drohte er als Reaktion auf die chinesischen Exportbeschränkungen mit Exportkontrollen für Flugzeugteile von Boeing.

«Wir haben viele Dinge, darunter eine grosse Sache, nämlich Flugzeuge. Sie (China) haben eine Menge Boeing-Flugzeuge, und sie brauchen Teile und viele solche Dinge», sagte Trump auf die Frage, welche Produkte von Exportkontrollen betroffen sein könnten. Die ursprüngliche Ankündigung hatte die wichtigsten Aktienindizes an der Wall Street ins Minus geschickt. Die Ankündigung der 100-Prozent-Zölle nach Börsenschluss lastete zusätzlich auf den Kursen der Papiere von US-Technologiekonzernen wie AMD im elektronischen Handel.

Auf einem weiteren Schauplatz des Handelskonflikts kündigte die Regierung in Peking am Freitag Vergeltungsmassnahmen für US-Gebühren an, die ebenfalls am Dienstag in Kraft treten. Demnach würden für Schiffe mit US-Bezug Hafengebühren erhoben, teilte das chinesische Verkehrsministerium mit. Die US-Gebühren seien «eindeutig diskriminierend», hiess es aus dem Ministerium. Sie schädigten die Interessen der chinesischen Schifffahrtsindustrie schwer, störten die Stabilität der globalen Lieferketten und untergruben die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung.

Die Gebühren sollen für Schiffe gelten, die in den USA gebaut wurden, unter US-Flagge fahren oder von US-Firmen betrieben werden. Analysten zufolge fallen darunter jedoch auch Schiffe von Unternehmen, deren Anteile oder Vorstandssitze zu mindestens 25 Prozent von in den USA ansässigen Investmentfonds gehalten werden. Die Gebühren beider Seiten erhöhten die Komplexität und die Kosten des globalen Warenverkehrs, erklärte der Weltreedereiverband.

China beherrscht den Markt für Seltene Erden

Die Regierung in Peking hatte am Donnerstag eine Verschärfung ihrer Exportkontrollen für Seltene Erden und die dazugehörigen Technologien angekündigt. Demnach unterliegt nun auch die Ausfuhr der Technologie zum Abbau und zur Verarbeitung der strategisch wichtigen Rohstoffe Beschränkungen.

Beobachter hatten den Schritt als Versuch gewertet, vor dem nun fraglichen Gipfeltreffen die eigene Verhandlungsposition zu stärken. China nutze seine Marktmacht zunehmend als politisches Instrument, hiess es. Im April hatte die Regierung in Peking bereits mehrere Seltene Erden und verwandte Materialien auf ihre Exportkontrollliste gesetzt.

Die USA und China haben sich in diesem Jahr mit Zöllen und Gegenzöllen überzogen. Auch in anderen Bereichen wie dem Schiffbau liegen sie über Kreuz. Allerdings vereinbarten die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt im Handelsstreit eine 90-tägige Pause, die voraussichtlich um den 9. November endet.

Bei Seltenen Erden handelt es sich um eine Gruppe von Elementen, die für viele Hochtechnologie-Produkte wie Laser, Militärausrüstung sowie für Magnete in Elektroautos und Windturbinen benötigt werden. China ist mit einem Marktanteil von rund 90 Prozent der weltweit dominierende Anbieter.

(Reuters)