"Die Party ist vorbei. Jetzt sind wir wieder im normalen Schifffahrtsgeschäft", sagte Konzernchef Rolf Habben Jansen am Dienstagabend vor Journalisten in Hamburg. "Jetzt müssen wir wieder um jede Box kämpfen, um unsere Schiffe voll zu bekommen." Die während der Corona-Lockdowns in China durch die Decke gegangenen Frachtraten dürften weiter sinken. Er gehe aber nicht davon aus, dass die Preise unter das Niveau vor der Pandemie sinken. Grund seien hohe Charterraten, Treibstoffkosen, die Inflation und die Umstellung der Flotten auf klimafreundliche Kraftstoffe.

Nach dem Chaos mit langen Schiffstaus vor den Häfen zu Beginn des vergangenen Jahres habe sich der Markt ab Sommer rasch erholt. Inzwischen habe sich die Lage normalisiert. Die Nachfrage sei aber niedrig. "Die Läger sind voll und alle bestellen weniger", sagte Habben-Jansen. Die Waren müssten erst verkauft werden. In einigen Monaten werde das Geschäft vermutlich wieder anziehen. "Ob das im März oder im Juni passiert, weiss ich auch nicht." Er gehe davon aus, dass sich der Container-Transport auf Dauer auf hohem Niveau bewegen werde. Im vergangenen Jahr hatte Hapag-Lloyd das operative Ergebnis wegen der hohen Frachtraten nahezu verdoppelt. Zur Dividende äusserte er sich nicht. "Das werden wir später beantworten", sagte er auf eine entsprechende Frage. Der Konzern will seine Bilanz und einen Ausblick für das laufende Jahr Anfang März präsentieren.

Nach den Engpässen im vergangenen Jahr, in denen die Reedereien versucht hätten, jedes Schiff im Wasser zu halten, um möglichst viel Kapazität zu haben, würden nun viele Schiffe zur Reparatur in die Docks gebracht. Die Verschrottung, die in den vergangenen Jahren bei etwa einem Prozent der Weltflotte gelegen habe, werde in absehbarer Zeit auf vier bis 4,5 Prozent steigen. Viele Schiffe entsprächen nicht den Klimaregeln der Weltschifffahrtsorganisation IMO, die in den nächsten Jahren eine Senkung der klimaschädlichen Schiffsabgase vorschreiben.

Gleichzeitig werden viele neue Schiffe in Dienst gestellt, darunter zahlreiche grosse Frachter mit Platz für mehr als 20'000 Standardcontainer (TEU). Hapag-Lloyd hat in diesem und im nächsten Jahr einen vollen Kalender für Schiffstaufen. Darunter sind mehrere Containerriesen mit 23'600 TEU.

In den vergangenen Jahren hat sich der Trend zu immer grösseren Frachtern verstärkt, um die Kosten pro Container zu senken. Die Reedereien schlossen sich ausserdem zu Allianzen zusammen, um ihre Schiffe besser auszulasten. Nun könnte die Konkurrenz wieder zunehmen. Die dänische Reederei Maersk hatte Ende Januar angekündigt, ihren Bund mit dem in der Schweiz ansässigen Weltmarktführer MSC auslaufen zu lassen, um eigene Wege zu gehen. Habben-Jansen sagte, er sehe wenige Gründe, die 2020 mit asiatischen Reedereien für zehn Jahre verlängerte "THE Alliance" zu beenden. Die Zusammenschlüsse, von denen es weltweit derzeit noch drei gibt, dürften sich allerdings neu aufstellen, vermutet er. Die Zusammenarbeit zwischen den Reedereien werde auf bestimmten Fahrtstrecken jedoch bleiben. 

(Reuters)