Für John Floyd sind sie jedoch Symptome einer Misere, die sich in den kommenden Monaten auf Europa ausbreiten wird. Der Leiter der Makrostrategie bei Record Currency Management tätigt Leerverkäufe bei Staatsanleihen aus Spanien, Frankreich und Italien sowie beim Euro. Er geht davon aus, dass die Marktverwerfungen der Türkei sich bald in den Bilanzen der europäischen Banken niederschlagen werden.

Der ehemalige Händler der Deutschen Bank sagt, er habe in seiner etwa 25-jährigen Karriere die Asienkrise und den Zusammenbruch des argentinischen Currency Board prognostiziert. Jetzt signalisieren der Einbruch der türkischen Lira und die negativen Netto-Devisenreserven des Landes laut Floyd eine Handelsmöglichkeit in den Industrieländern, da das Risiko eines Schadens durch notleidende Kredite steige. Moody’s Investors Service hat am Freitag die Bonitätsnote der Türkei tiefer in den Junk-Bereich gesenkt und hält eine Zahlungsbilanzkrise “zunehmend für wahrscheinlich”.

“Es ist eine Transaktion mit Blick auf die Türkei, aber es ist nicht eine rein türkische Angelegenheit”, sagte Floyd aus New York.

Das Engagement ausländischer Banken in der Türkei ist zwar seit der Währungskrise 2018 gesunken. Aber Ende 2019 hatten ausländische Kreditinstitute noch Forderungen in Höhe von insgesamt 166 Milliarden Dollar gegenüber der Türkei, wobei nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich der Löwenanteil auf europäische Banken entfiel. Die türkische Wirtschaft, die auf ein Bruttoinlandsprodukt von 740 Milliarden Dollar kommt, wird in diesem Jahr voraussichtlich um 4% schrumpfen, die Lira hat in diesem Jahr mehr als 20% ihres Wertes verloren - der zweitgrößte Rückgang in den Schwellenländern - und die Kosten für die Absicherung der türkischen Staatsanleihen haben sich fast verdoppelt.

Risiko von Rückkopplungsmechanismen

Floyd stützt seine Wette auf die Annahme, dass türkische Kreditnehmer aufgrund des Lira-Einbruchs Schwierigkeiten haben werden, Fremdwährungsschulden zu bezahlen, was letztendlich zu einer Zunahme notleidender Kredite bei europäischen Kreditinstituten beiträgt.

“Das Risiko von Rückkopplungsmechanismen von der Türkei nach Europa besteht durch das Engagement europäischer Banken in und gegenüber türkischen Banken und Unternehmen”, sagte Floyd, der Vorsitzender und Chief Investment Officer des Floyd Plus Currency Fund war, bevor er letztes Jahr zu Record kam. Beispielsweise hält die spanische Banco Bilbao Vizcaya Argentaria fast 50% an Turkiye Garanti Bankasi AS, die zweitgrößte Privatbank der Türkei. Eine weitere Bank mit einer türkischen Sparte ist die französische BNP Paribas SA.

“Der Schock durch Covid-19 und den Lockdown auf das BIP geht weit über die Stresstests der Europäischen Zentralbank hinaus, und somit haben sich die Risiken für das Bankensystem verstärkt”, sagt Floyd.

(Bloomberg)