Der Schweizer Franken stand auch dieses Jahr unter Aufwertungsdruck. Vor allem gegen den Dollar. Der Zuwachs gegenüber der US-Währung beträgt fast 12 Prozent im 2025. Gegen den Euro hat sich der Franken kaum verändert. Allerdings startete die Schweizer Währung Anfang Jahr bereits auf hohem Niveau gegen die europäische Einheitsdevise.
Es kam im Lauf des Jahres aber immer wieder zu Aufwertungsschüben. Genau genommen waren es vier Anstiege. Im April in den Chaos-Tagen nach dem «Liberation Day», als US-Präsident Donald Trump erstmals scharfe Zölle verteilte. Dann Ende Juli/Anfang August, nochmals im Oktober und schliesslich im November.
Auffallend dabei: Jedesmal prallte der Eurokurs an der Marke von 0,92 Franken ab - oder fiel nicht nachhaltig darunter. Zuletzt, am 14. November, erzielte der Franken mit einer Marke von 0,9180 kurzzeitig einen Rekord, wenn man die chaotischen Kursausschläge vom 15. Januar 2015 bei der Aufhebung der Kursuntergrenze ausklammert. Die Schweizer Währung gab dann aber schnell wieder nach und notiert heute wieder deutlich über der Marke 93 Rappen je Euro.

Widerstand bei 92 Rappen: Kursverlauf des Frankens zum Euro im Verlauf des Jahres 2025.
Das mehrmalige Abprallen an der Marke von 0,92 Franken pro Euro weckt an den Devisenmärkten seit Wochen Spekulationen. Nachrichtenagenturen zitieren Händler, welche über ein verstärktes Eingreifen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mittels Devisenmarktinterventionen an dieser Grenze mutmassen. Da und dort ist gar von einer «heimlichen Kursuntergrenze» bei 0,92 Franken pro Euro der SNB die Rede.
Experten sehen die Lage etwas entspannter. «Gemessen an den wöchentlichen Sichteinlagen der Geschäftsbanken bei der SNB lassen sich keine Auffälligkeiten beziehungsweise Interventionen ablesen», sagt Thomas Gitzel, Chefökonom bei der VP Bank, auf Anfrage von cash.ch. Jedes Währungspaar, also auch Euro/Dollar oder Dollar/Franken, habe seine Marken, die als gute Unterstützung oder Widerstand fungierten.
Ein Blick in die Statistik zeigt: Im November sind die Sichtguthaben sogar leicht gefallen, was sogar darauf hindeuten würde, dass die SNB Fremdwährungen im Franken-Rekordmonat November verkaufte - und nicht kaufte, um den Franken zu schwächen.
Dazu muss man wissen: Die Veränderungen von Sichtguthaben von Banken und Bund bei SNB können ein Indiz dafür sein, ob die SNB am Devisenmarkt interveniert, um den Kurs des Schweizer Frankens zu beeinflussen. Die Sichtguthaben bei der SNB werden aber nicht nur durch Devisenkäufe oder -verkäufe beeinflusst, sondern etwa auch durch Repo-Geschäfte der Notenbank.
Keine Anzeichen, dass die SNB momentan aktiv im Devisenmarkt tätig ist
Thomas Gitzel verweist auch auf den Umstand, dass sich seit Juli bei vielen Währungspaaren eine Seitwärtsbewegung zeige. Es fehle an wichtigen Impulsen für eine klare Richtung. «In solch einer Marktphase gibt es bei jedem der eben genannten Währungspaare Marken, die sehr gut halten.»
Auch Thomas Stucki sieht derzeit keine Anzeichen, dass die SNB momentan aktiv im Devisenmarkt tätig ist. Der Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, zuvor Leiter Asset Management bei der SNB, sieht auch keinen Grund dazu. Der Euro ist zum Franken zwar auf einen Tiefststand gefallen. Er halte sich seit der Wahl von Donald Trump zum Franken aber relativ gut, so Stucki.
«Der Euro profitiert davon, dass er für viele Investoren, insbesondere auch für Zentralbanken, eine Alternative zum US-Dollar ist», so Stucki zu cash.ch. Dazu sei der Franken als sicherer Hafen aktuell auch nicht besonders stark gefordert. «Die Grundstimmung in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten ist trotz vieler Unsicherheiten positiv, wie die Aktienmärkte zeigen.» Solange das Vertrauensdefizit in den US-Dollar anhalte, werde der Euro weiter von einer Schwäche des US-Dollars profitieren und das aktuelle Niveau zum Franken halten können.
Wahrscheinlich wirkt bei den «Abprallern» des Eurokurses an der Kursgrenze bei 0,92 Franken auch die Drohkulisse, welche die SNB seit Jahren aufbaut hat. «Bei Bedarf» werde man an den Devisenmärkten intervenieren, sagen die Protagonisten der SNB bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Zum SNB-Direktoriumsmitglied Petra Tschudin Ende Oktober in Basel: «Ich sage immer: Wenn es nötig ist, sind wir bereit, dieses Instrument einzusetzen.»
«Wetten Sie nicht gegen den Schweizer Franken»
Aus taktischen Gründen gibt die SNB nicht bekannt, wann und bei welcher Marke sie an den Devisenmärkten interveniert - und lässt damit Marktteilnehmer bewusst in der Schwebe. Was nun zur Folge hat, dass sich Spekulanten ab einer gewissen Schwelle vorsichtig werden und sich mit Wetten gegen den Euro nicht die Finger verbrennen wollen. Die Aussage von Samuel Zief, Leiter der globalen Devisenstrategie bei J.P. Morgan Private Bank, vor zwei Jahren verdeutlicht diese Unsicherheit: «Mein Mantra lautet seit langem: Wetten Sie nicht gegen den Schweizer Franken.»
Mit Zinsen bei null und einer Zurückhaltung der SNB, in den negativen Bereich zu gehen, sind die Devisenmarktintervention ein wichtiges Instrument für die Zentralbank. Die SNB kam in der Vergangenheit jedoch immer wieder unter Beschuss der USA, wonach sie mit ihren Interventionen den Frankenkurs manipuliere. Im September bekräftigten die beiden Länder in einer Erklärung ihr Versprechen, Währungen nicht zu manipulieren. Die SNB sicherte dabei zu, ihre Geldpolitik weiterhin auf Preisstabilität auszurichten.
In einer separaten Mitteilung betonte die SNB allerdings, die Vereinbarung sei rechtlich nicht verbindlich und spiegele lediglich die bestehende Praxis wider. Und beide Seiten räumten ein, dass Eingriffe am Devisenmarkt ein legitimes Mittel sein können, um übermässige Volatilität oder ungeordnete Ab- oder Aufwertungen einzudämmen.

