Immobilieninvestoren dürften ihre Aufmerksamkeit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verstärkt auf ein wachsendes Segment richten: Das Alterswohnen. Für private Anleger sind dabei vor allem indirekte Investments wie Immobilienfonds und Aktien von Immobiliengesellschaften interessant, die sich im Feld des Gesundheits- und Alterswohnen bewegen.

Eine solche indirekte Geldanlage «ermöglicht den Marktzugang mit geringeren Einstiegskosten und bietet eine breite Diversifikation, da die Investition über zahlreiche Projekte verteilt wird», schreibt das Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner (WP) in seinem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Die Liquidität sei ebenfalls höher als bei direkte Investitionen. Dies, da die Anteile relativ einfach veräussert werden können.

Aussichtsreich ist ein Engagement als Investor auch deshalb, weil das Segment Alterswohnen im Schnitt höhere Nettomieten kennt als klassische Mietliegenschaften wie Mehrfamilienhäuser oder Geschäftsliegenschaften. «Diese Mieterträge zeichnen sich zudem durch eine hohe Stabilität aus, was sowohl auf die lange Laufzeit der Verträge als auch auf eine strukturelle Nachfrage zurückzuführen ist», führen die WP-Experten aus. Dies dürfte sich positiv auf den Geschäftsgang der Immobilienunternehmen auswirken. Allerdings schränkt die lange Laufzeit der Verträge Mietzinserhöhungen ein.

Börsenkotierte Schweizer Immobiliengesellschaften sind im Markt für das Wohnen im Alter bereits aktiv. Das Portfolio von Swiss Prime Site besteht zwar überwiegend aus Geschäftsflächen; klassische Wohnliegenschaften machen nur 1 Prozent des Bestandes aus. Immobilien für das Leben im Alter werden jedoch mit einem Anteil von 6 Prozent des Gesamtportfolios ausgewiesen.

Das Immobilienportfolio von Plazza enthält zu rund 20 Prozent Geschäfts- und zu rund 80 Prozent Wohnliegenschaften. Auch solche, die für ältere Personen geeignet sind, sind am Entstehen. Bei der anlaufenden Sanierung der Zürcher Siedlung «Im Tiergarten» sei hindernisfreies Bauen geplant, schreibt das Unternehmen. In der Nähe der Siedlung befänden sich Altersheime, die ambulante Angebote auch für externe Mieterinnen und Mieter haben. Vergleichbares gebe es auch im Entwicklungsprojekt in Crissier bei Lausanne.

Auch PSP Swiss Property hat eine Liegenschaft in Zürich und eine in Rheinfelden, die teilweise für das Alterswohnen genutzt werden, im Bestand. Weitere Projekte sind laut Angaben des eigentlich auf Geschäftsliegenschaften fokussierte Immobilienunternehmen nicht geplant, werden für die Zukunft aber nicht ausgeschlossen.

In der Schweiz ist der Markt für indirekte Investitionen - etwa in Aktien von Immobiliengesellschaften - im Bereich Alterswohnen im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere den Vereinigten Staaten und Grossbritannien, wo dieses Segment bereits gut etabliert ist, noch wenig entwickelt. «Das wachsende Interesse der Investoren und die demografische Entwicklung lassen jedoch ein erhebliches Entwicklungspotenzial für die kommenden Jahre erkennen», sagen die Experten von Wüest Partner. Sie gehen davon aus, dass das Leben im Alter von einem Nischenmarkt zu einem «strategischer Pfeiler im Immobilienmarkt» werden wird.

Anleger, die sich für das Thema Alterswohnen interessieren, sollten sich der Risiken bewusst sein. Zum Beispiel: Auch indirekte Anlagen wie Aktien von Immobiliengesellschaften können durch steigende Zinsen belastet werden - und auf Sicht von mehreren Jahren ist das Zinsniveau kaum absehbar. Ebenso werden Verwerfungen an den Finanzmärkten oder eskalierende Handelskonflikte die Valoren zumindest vorübergehend drücken. So haben die Aktien von SPS, PSP und Plazza nach dem Zollschock im April an Wert verloren; sie haben sich dann aber zügig erholt.

Demografischer Wandel löst Bedarf an Alterswohnungen aus

Das Aufkommen des Alterswohnen ist ein langfristiger Trend. Getragen wird er vom demografischen Wandel, der schon im Gang ist und sich fortsetzen wird: Die Bevölkerung ab 65 Jahren werde bis 2040 um nahezu 37 Prozent zunehmen, diejenige der über 85-Jährigen sogar um mehr als 74 Prozent, sagt die Analyse von Wüest Partner voraus. Der Prognose nach wird es in 15 Jahren insgesamt 650’000 Menschen im Pensionsalter mehr geben als heute. Zum Vergleich: Die Gruppe der null- bis 64-Jährigen dürfte bis 2040 um zirka 365’000 Personen zunehmen.

Das stärkere Hinzukommen der über 65-Jährigen hat folgen für den Immobilienmarkt: «Das starke Plus in den oberen Altersklassen erhöht die Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen und nach Plätzen in Alters- und Pflegeheimen», erklären die Experten um WP-Forschungsleiter Robert Weinert.

Dabei werden verschiedene Wohnformen vermehrt gefragt sein. Zum einen zeichnet sich den Berechnungen zufolge bis 2040 schweizweit ein zusätzlicher Bedarf von 393’000 Wohnungen ab, die für Seniorinnen und Senioren geeignet sind. Es handelt sich teils um herkömmliche Wohnungen, die grundsätzlich allen offenstehen, doch auch von Seniorinnen und Senioren bezogen werden, die gesund und mobil sind und ihren Alltag selbst organisieren können. Es wird aber auch weitere Wohnungen geben, die den Bedürfnissen von nicht mehr ganz so rüstigen beziehungsweise gesundheitlich beeinträchtigten älteren Personen angepasst sind - Unterkünfte, die etwa stufenfrei sind, im Bad spezielle Haltegriffe oder breite Türen für Rollstühle haben.

Ein weiterer Teil des Wohnens im Alter entfällt auf Heime. Laut Wüest Partner wird die Zahl der über 65-Jährigen in Langzeitpflege bis 2040 auf 111’200 von 85’400 im Jahr 2023 ansteigen. Dieser 30-prozentige Zuwachs mündet der Analyse zufolge einen Bedarf an zusätzlichen 25’200 Plätzen - die zunächst geschaffen werden müssen. Projekte, die in diese Richtung gehen, laufen. Beispielsweise hat Plazza in Crissier einen Teil der sich im Baurecht befindenden Parzelle an eine Stiftung vergeben. Diese baue dort mit finanzieller Unterstützung des Kantons Waadt ein Alters- und Pflegeheim.

Gestützt und angetrieben wird der Markt für Wohnen im Alter durch institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Immobiliengesellschaften, Immobilienfonds und Versicherungsgesellschaften. Sie investieren direkt in die entsprechenden Liegenschaften, seniorengerechte Wohnungen beziehungsweise Heime. «Bei guter Verwaltung sorgt ein direktes Investment dank der Mieteinnahmen für regelmässige Cashflows», schreibt WP. Im Gegenzug sei jedoch erhebliches Kapital, ein langfristiges Engagement sowie fundierte Kenntnisse des Sektors, der sich häufig verändernden Bedürfnisse älterer Menschen sowie der regulatorischen und technischen Auflagen erforderlich.

Reto Zanettin
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