Der Zinspeak dürfte in der Schweiz bald erreicht sein, schreibt die Genossenschaftsbank Raiffeisen in der am Donnerstag veröffentlichten Studie "Immobilien Schweiz 2. Quartal". Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins im März zum vierten Mal seit Mitte letzten Jahres angehoben. 

Mit der jüngsten SNB-Zinserhöhung haben die Konditionen für SARON-Hypotheken weiter zu den Langfristzinsen gemäss untenstehender Grafik aufgeschlossen.

Die langfristige Entwicklung der Hypothekarsätze in der Schweiz (2023).

Entwicklung der Hypothekar-Sätze in der Schweiz (2023).

Quelle: Raiffeisen

"Da an den Zinsmärkten ein bis zwei weitere SNB-Zinserhöhungen bereits eingepreist sind, bleiben die Zinsen für Festhypotheken zwar noch etwas höher, dürften aber entsprechend ihren Höhepunkt auch weitgehend erreicht haben", erläutern die Ökonomen der Raiffeisen. 

Die Wahrscheinlichkeit von weiteren Zinserhöhungen durch die SNB haben gestern neue Nahrung erhalten. SNB-Präsident Thomas Jordan sagte laut der Nachrichtenagentur Reuters auf einer Veranstaltung der Fachhochschule Graubünden, dass die Schweizerische Zentralbank eine weitere Anhebung der Zinssätze nicht ausschliesse. 

In seiner Rede über Inflation und geldpolitische Herausforderungen betonte Jordan, dass die Inflation weiterhin über dem Preisstabilitätsbereich der SNB liege und höher sei als das, was sich die politischen Entscheidungsträger wünschten. "Die derzeitige Geldpolitik ist immer noch nicht restriktiv genug", sagte Jordan und wiederholte damit Äusserungen vom vergangenen Freitag.

Immobilienmarkt in vielen Regionen ausgetrocknet

In immer mehr Regionen würden die Mietwohnungen rasch knapper, führt die Raiffeisen in ihrem Quartalsbericht zur Situation auf dem Wohnungsmarkt aus. Eine Besserung sei weder von der Angebots- noch von der Nachfrageseite zu erwarten. Dynamische Zuwanderung und auf dem Wohnungsmarkt immer aktiver werdende ukrainische Flüchtlinge sorgten für eine hohe Zusatznachfrage.

Trotz sinkender Leerstände und bald deutlich steigender Mieten planten Investoren bisher keine Ausweitung der Wohnbautätigkeit. Steigende Baupreise, erhöhte Finanzierungskosten, immer höhere administrative Hürden und deutlich gestiegene Opportunitätskosten dämpften diese zusätzlich. Ohne Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen dürfte sich daran kurzfristig nichts ändern, heisst es weiter.

Zwar liege die Leerwohnungsziffer derzeit mit 1,31 Prozent deutlich über dem langjährigen Schnitt von 1,07 Prozent seit den 1980er Jahren. Solche Durchschnittsbetrachtungen verdeckten allerdings, dass der Markt in einigen Regionen bereits völlig ausgetrocknet sei. Die noch leerstehenden Wohnungen lägen meist am falschen Ort.

Spätestens nächstes Jahr dürfte die Leerwohnungsziffer den Mittelwert dann gar deutlich unterschreiten, gibt sich die Raiffeisen sicher. Mit der Wohnraumverknappung werde Wohnen für immer mehr Haushalte bald deutlich teurer. Zudem zeichneten sich bereits dieses Jahr zwei Erhöhungen des Referenzzinssatzes ab, was die Wohnkosten zusätzlich verteuere.

Um die Probleme zu lindern, könnte die Politik an gewissen Stellschrauben drehen, damit Angebot und Nachfrage am Wohnungsmarkt wieder stärker ins Gleichgewicht kämen. "Von Nutzungseinschränkungen von Ferienwohnungen über die Förderung von Wohnungstauschbörsen bis hin zum Überdenken des Denkmalsschutzes und einer Verflüssigung des Baulandes sind viele, durchaus unkonventionelle Lösungsideen denkbar", heisst es in der Studie.

Abkühlungszeichen am Eigenheimmarkt

Derweil scheint es immerhin am Eigenheimmarkt allmählich zu einer Abkühlung zu kommen. Zwar sind Einfamilienhäuser im ersten Quartal im Vorjahresvergleich noch um 6,1 und Eigentumswohnungen um 7,5 Prozent teurer geworden. Doch seit dem Höhepunkt mitten in der Covid-19-Pandemie seien die Suchabonnements für Eigentumswohnungen und für Einfamilienhäuser um 36 bzw. um 39 Prozent zurückgegangen, schreibt Raiffeisen. Die Zahl der aktiven Abonnements sei mittlerweile sogar spürbar unter das Vor-Coronaniveau gefallen.

Zudem habe sich die Angebotsseite zuletzt wieder etwas erholt. Im Vergleich zu den Tiefstständen während der Coronapandemie würden aktuell auf Onlineportalen wieder mehr Einfamilienhäuser (+17 Prozent) und Eigentumswohnungen (+16 Prozent) angeboten. Damit schliesse sich langsam die Schere zwischen Angebot und Nachfrage, die in den letzten Jahren für das Preiswachstum verantwortlich war.

Aber mehr als eine Abschwächung der Preisdynamik sei am Eigenheimmarkt nicht zu erwarten. Ein Crash sei wegen der grossen Angebotsknappheit sehr unwahrscheinlich. Die Zeichen stünden am Eigenheimmarkt auf sanfte Landung, erklärte die Studienautoren.

(cash/AWP)