Mehr als 745'000 Dollar für eine Aktie - scheint beinahe an den Haaren herbeigezogen. Ist es aber nicht: So viel kostet nämlich eine A-Aktie von Berkshire Hathaway. Damit ist sie das «teuerste» öffentlich gehandelte Papier weltweit - mit einem zwischenzeitlichen Allzeithoch von 809'000 Dollar in diesem Jahr.
Ist dieser hohe Wert ein Zeichen des Erfolgs? Dieser Gedankengang ist einer der ersten Lektionen in der Konsumentenpsychologie: Hoher Preis gleich hohe Qualität. Im Fall der Holdinggesellschaft dürfte dies sogar stimmen. Star-Investor Warren Buffett hat mit seiner Strategie, in unterbewertete Unternehmen zu investieren und diese langfristig zu halten, überzeugt. Die Beteiligungen von Berkshire reichen von Bank of America und Coca-Cola bis hin zu Apple.
Die Kluft zwischen Berkshire und der zweitplatzierten Aktie im weltweiten Ranking ist gross: Mit mehr als 600'000 Dollar Differenz belegt Lindt&Sprüngli Platz zwei mit 129'800 Franken für eine Namensaktie. An einen Partizipationsschein gelangt man mit einem Beitrag von 13'320 Franken. Ab diesem Podestplatz verringern sich die Abstände.
Die Aktienpreise dürften Ausdruck eines langfristigen, stabilitätsorientierten Unternehmensstils sein. Bei Berkshire Hathaway steht der hohe Kurs der A-Aktie für die akkumulierte Substanz und eine über Jahrzehnte hinweg konsequent profitable Kapitalallokation unter Warren Buffett. Dank seiner langfristigen, wertorientierten Anlagestrategie verwandelte er die Holdinggesellschaft in eine Erfolgsgeschichte.
Der entscheidende Unterschied
Bildet man das Ranking anhand der Marktkapitalisierung, wäre die Reihenfolge, beziehungsweise die Namen auf der Liste, anders. Denn da haben Apple, Microsoft und Nvidia durchaus ein Wörtchen mitzureden. Sie führen jedoch Aktiensplits durch, wonach sich der Preis einer Einzelaktie reduziert und für Kleinanleger erschwinglich ist. Also werden aus einer Aktie à 1000 Dollar neu 10 Aktien à 100 Dollar.
Die Aktien von Berkshire oder Lindt&Sprüngli wurden noch nie, beziehungsweise vor langer Zeit, gesplittet. Weshalb? Einerseits strahlt ein hoher Aktienpreis ein gewisses Prestige aus, da die Erschwinglichkeit nicht für jedermann gegeben ist. Man könnte sie sozusagen als «Rolls-Royce der Aktienwelt» betiteln. Gerade Lindt & Sprüngli pflegt die Exklusivität der Namensaktie mit niedriger Stückzahl bewusst.
Andererseits sind bewusste unternehmerische Entscheide dafür verantwortlich. So hatten Lindt-Verwaltungsratspräsident Ernst Tanner oder Firmensprecher etwaige Vermutungen immer wieder zurückgewiesen, da «die aktuelle Struktur für Lindt & Sprüngli seit vielen Jahren ein bewährtes und erfolgreiches Modell ist.» Über Warren Buffett wird gesagt, dass er Aktiensplits bewusst meidet, da er langfristig denkende Aktionäre bevorzugt. Dadurch ergeben sich stabilere Aktionärsstrukturen ohne häufige Umschichtungen.
Hätten die beiden Unternehmen alle 10 Jahre ein Split 10:1 durchgeführt, wären beide Aktien heute im Bereich von 100 bis 600 Dollar oder Franken. Das ist vergleichbar mit anderen Qualitätsaktien. Hohe Kurse allein sagen nichts über die Überbewertung aus, sondern sind vielmehr ein Ausdruck von langfristigen, stabilitätsorientierten Unternehmensstils. Diese spiegelt sich auch in den eher höheren Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGV) mit 43.70 (Lindt) und 24.55 (Berkshire) wider.
Teuer gleich besser?
So weit, so gut, aber was «erhält» man nebst dem Statussymbol im Gegenzug? Die Beteiligung an Warren Buffetts Unternehmen bringt keine dividendenbezogenen Vorteile mit sich, denn es werden keine Ausschüttungen vorgenommen. Hier verlassen sich Investoren also auf langfristig positiven Rendite - mit Erfolg. In den letzten 20 Jahren ist der Kurs um 790,45 Prozent gestiegen, was einer jährlichen Rendite von 13,3 Prozent entspricht. Zum Vergleich: der S&P 500 verzeichnet rund 10 bis 11 Prozent.
Bei Lindt winkt eine Dividendenrendite von relativ tiefen 1,16 Prozent, so erhalten Aktionäre für das vergangene Geschäftsjahr eine Dividende von 1500 Franken pro Aktie. Der Anteil der Dividende an der Gesamtrendite auf die letzten 10 Jahre beträgt lediglich 14,5 Prozent. Inhaber eines Lindt-Partizipationsscheins machen 150 Franken gut, sind jedoch ausgeschlossen vom Stimmrecht an der Generalversammlung und vom jährlichen Fünf-Kilogramm-Schoggikoffer.
Fundamental betrachtet rechtfertigen diese Dividendenbeträge oder ein grosser Schoggikoffer das initiale Investment nicht wirklich. Eine günstigere Aktie mit mehr Dividendenrendite wäre rational betrachtet wohl sinnvoller, aber: Lindt überzeugt mit Stabilität und Preissetzungsmacht, ausserdem schützt die familiengeführte Struktur vor kurzfristigem Aktionärsdruck. Lindt könnte also als «sicheres, konservatives Langfristinvestment mit Exklusivität» betitelt werden.
Die hohen Aktienpreise bei Lindt und Berkshire sind ein Indikator für die Stärke und das Vertrauen der Anleger in diese Unternehmen. Der reine Kurswert ist dabei keine objektive Bewertungsgrösse. Fundamentale Daten wie Ertrag, Marktposition oder die strategische Ausrichtung sind für das Preis- und Bewertungsniveau relevant.
Prestige im kleinen Rahmen
Für Kleinanleger, die solche Beträge nicht aufbringen möchten, um sich am «Prestige-Kapitalmarkt» zu beteiligen, gibt es andere Möglichkeiten. So bieten beide Unternehmen mit der B-Aktie, beziehungsweise dem Partizipationsschein eine etwas billigere Variante an, um am Erfolg der Firmen teilzunehmen.
Ebenfalls stellen immer mehr Banken und Broker, besonders in den USA, das sogenannte «Fractional Shares»-Angebot zur Verfügung. Dabei können Anleger Teile einer Aktie kaufen. Heisst: Anleger investieren dort beispielsweise 100 Dollar in die Berkshire-A-Aktie und erhalten den «Bruchteil» der Aktie. Das kostet zwar etwas mehr als der traditionelle Aktienkauf und kommt auch nicht mit denselben Rechten, doch dürften damit keine Aktien den Investoren vorenthalten bleiben.
Aber Anlagealternativen gibt es genug. «Erschwinglichere» Aktien wie die von Hermès, Zuger Kantonalbank, Givaudan oder Lotus Bakeries überzeugen ebenfalls mit defensiven Geschäftsmodellen, Stabilität oder Wachstum. Letztere verzeichnet beispielsweise eine jährliche Aktienrendite von 26,2 Prozent in den letzten 20 Jahren.