Dennoch erwartet die Swiss Re keine Preissteigerungen auf breiter Front.

Zwar dürften die Rückversicherer bei den Vertragserneuerungen von ihren Kunden höhere Preise verlangen können in Geschäftsfeldern, die von höhen Schäden betroffen seien und zu wenig profitabel seien, erklärte die Swiss Re am Sonntag am Branchentreffen in Monte Carlo. In anderen Geschäftsfeldern dürften die Preise weitgehend stabil bleiben angesichts des reichlich vorhandenen Kapitals.

Es seien weitere Preiserhöhungen nötig, um langfristig einen nachhaltigen Rückversicherungsmarkt sicherzustellen. Die jetzige Hurrikane-Saison zeige die Bedeutung von Preisen, welche die Risiken adäquat reflektieren würden, teilte der zweitgrösste Rückversicherer der Welt weiter mit.

Seit diesem Wochenende sprechen Rückversicherer wie die Swiss Re, Branchenprimus Munich Re und Hannover Rück in Monte Carlo mit ihren Kunden sowie Maklern wie Aon und Guy Carpenter über die Preise und Bedingungen für die Vertragserneuerung zum bevorstehenden Jahreswechsel.

Die Branche sitzt trotz hoher Naturkatastrophenschäden in den Jahren 2017 und 2018 auf einem komfortablen Kapitalpolster. Dadurch gibt es ein hohes Angebot an Rückversicherungsschutz, die Nachfrage hält dabei nicht mit. Dies verhindert Preiserhöhungen auf breiter Front.

Schätzungen für Schäden auf Bahamas

Zum Hurrikan "Dorian", sagte Swiss Re-Underwriting-Chef Edouard Schmid am Sonntag vor den Medien: Es gebe zwar ein paar Modellrechnungen für die Schäden auf den Bahamas, aber nicht für die Gesamtschäden. Das dauere noch eine oder einige Wochen. Alles andere wären Spekulationen. Da die Versicherungsdeckungen auf den Bahamas recht verbreitet seien, werde die Versicherungsbranche ihren Beitrag beim Wiederaufbau leisten, sagte Schmid.

Mit anderen Worten ausgedrückt: Es dürfte teuer werden für die Versicherer.

Der auf Risikoanalysen spezialisierte Versicherungsdienstleister AIR Worldwide schätzt die versicherten Schäden in der Karibik auf 1,5 bis 3 Milliarden US-Dollar. Die Ratingagentur Fitch geht davon aus, dass die Versicherungsbranche auch für die gesamten Schäden durch "Dorian" nicht mehr als 10 Milliarden Dollar bezahlen muss.

Die Schäden in den USA würden voraussichtlich stärker von Erstversicherern getragen, sagte Fitch-Analyst Brian Schneider am Sonntag. Rückversicherer müssten auf den Bahamas einen grösseren Anteil tragen, wo "Dorian" noch mit Hurrikanstärke getobt hatte.

Am Freitag war "Dorian" dann über einen küstennahen Teil des US-Bundesstaats North Carolina hinweggezogen und hatte dort Überschwemmungen, Schäden und Stromausfälle verursacht. Am (heutigen) Sonntag traf "Dorian" als so genannter posttropischer Zyklon an der kanadischen Ostküste nahe Halifax mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 148 Kilometern pro Stunde auf Land.

Nervosität wegen «Dorian»

"Dorian" habe die Branche in den letzten zehn Tagen recht nervös gemacht, sagte Schmid. Die Lage erinnere ihn dan den Hurrikan "Irma", der vor zwei Jahren auf Miami zugesteuert habe.

Es gebe zwar die Wahrnehmung, dass der Klimawandel die Frequenz und Stärke der grossen Hurrikane antreibe, sagte Schmid: "Aber um ehrlich zu sein, ist es etwas zu früh, um diesen Schluss zu ziehen."

Denn der Klimawandel sei zwar ein Faktor. Aber es gebe Faktoren wie die Exposition von Menschen und Gütern in gefährdeten Gebieten oder die Klagebereitschaft vor Gericht, welche die Risiken für Naturkatastrophenversicherungen viel stärker hochtreiben würden.

«Jebi»-Schäden zunächst unterschätzt

Schmid erinnerte an den Taifun "Jebi", der vor einem Jahr in Japan Zerstörungen hinterliess. Hier seien die usprünglichen Schadenschätzungen viel zu tief gewesen. Erst in der Analyse habe man Faktoren gesehen, welche die Schäden hochgetrieben hätten. Ein solcher Faktor sei beispielsweise der Arbeitskräftemangel in der Baubranche.

Denn die Baubranche sei gleichzeitig mit dem Wiederaufbau nach einem Erdbeben, das vor dem Hurrikan stattgefunden hatte, und dem Bau für die Olympischen Spiele in Tokio beschäftigt gewesen. Zudem habe auch in Japan die Bereitschaft zugenommen, gegen die Versicherer zu klagen, um ein Maximum aus den Verträgen herauszuholen, sagte Schmid. Solche Faktoren müsse man bei der Versicherung von Naturkatastrophenschäden künftig berücksichtigen.

(AWP)

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