Der Geschäftsklima-Index fiel im April um 1,2 auf 102,1 Punkte und damit bereits den fünften Monat in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag zu seiner Umfrage unter 9000 Führungskräften mitteilte. Ökonomen hatten nur einen Rückgang auf 102,7 Zähler erwartet. "Die Hochstimmung in den deutschen Chefetagen verfliegt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Die Wirtschaft nimmt Tempo raus." Die Manager beurteilten sowohl ihre Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate weniger optimistisch.

Das Forschungsinstitut wertet die Daten nicht als Trendwende für die Konjunktur, wie Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview sagte: "Wir sind weit entfernt von einer Rezession". Der erneute Rückgang sei "vielmehr ein Zeichen für eine Normalisierung der deutschen Wirtschaft". Die aussergewöhnlich hohen Wachstumsraten des vergangenen Jahres von bis zu 0,9 Prozent im Quartal seien vorerst nicht wieder erreichbar. Im ersten Vierteljahr 2018 dürfte das Plus beim Bruttoinlandsprodukt bei 0,4 Prozent gelegen haben, auch wegen vieler Streiks, der Grippewelle und überdurchschnittlich vielen Ferientagen.

"Aufschwung ist in einer späten Phase"

"Die Wirtschaft stösst an Kapazitätsgrenzen", sagte Wohlrabe. "Es fehlt an Personal und Fachkräften, weshalb viele Unternehmen nicht nachlegen können, um neue Aufträge abzuarbeiten. Das ist eine Bremse." Auch die Weltwirtschaft kühle sich etwas ab, während zugleich ein möglicher Handelskrieg für die eine oder andere Sorgenfalte bei den Top-Managern sorge. In der exportabhängigen Industrie werden die Aussichten für das kommende halbe Jahr auch deshalb so schlecht bewertet wie seit August 2016 nicht mehr. "Noch geht aber eine Mehrheit der Unternehmen davon aus, dass sie ihre Exporte erhöhen können", so Wohlrabe. Auch bei den Dienstleistern und im Handel trübte sich die Stimmung ein. Nur der Bau entzog sich dem Abwärtstrend: Hier ist die Stimmung so gut wie nie zuvor.

Auch viele Ökonomen erwarten eine leichte Abkühlung des zuletzt kräftigen Aufschwungs. "Zwar ging jeder Rezession ein Abwärtstrend des Ifo-Geschäftsklimas voraus, aber nicht jeder Abwärtstrend endete in einer Rezession", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Wir erachten diese Korrektur der Unternehmensstimmung als eine Renaissance des Realismus nach deutlichen Übertreibungen und bleiben daher gelassen." Investoren sehen ebenfalls keinen Grund zur Panik. "Der aktuelle Aufschwung ist definitiv in der späten Phase angekommen", sagte Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Der konjunkturelle Höhepunkt dürfte erreicht oder bereits überschritten sein."

Ifo stellt Index um

Der wichtigste Frühindikator für Europas grösste Volkswirtschaft umfasst neben dem Verarbeitendem Gewerbe, Handel und Bauwirtschaft nun auch den Dienstleistungssektor. Als Vergleichsjahr wird zudem 2015 statt wie bisher 2005 zugrundegelegt. Ferner werden die Antworten der befragten Firmen anders zusammengerechnet. Die Änderungen, die genauere Ergebnisse ergeben sollen, haben auch zur Folge, dass der Index optisch deutlich niedriger ausfällt als bisher.

Auch in den beiden anderen grossen Volkswirtschaften der Euro-Zone trübte sich die Stimmung im April ein: In Frankreich fiel das Barometer für das Geschäftsklima um einen Zähler auf 109 Punkte, verharrte aber über dem langfristigen Durchschnitt von 100. Die Hängepartie nach der Parlamentswahl in Italien trübt die Laune unter den dortigen Managern: Das Barometer für das Geschäftsklima fiel auf den niedrigsten Wert seit mehr als einem Jahr. 

(Reuters)