Im Bereich Outsourcing ist der Technologieriese Hewlett-Packard (HP) ein Pionier. Als die Amerikaner 2005 im polnischen Wroclaw (auf deutsch Breslau) ein Zentrum für Dienstleistungsprozesse eröffneten, war die Stadt an der Oder noch Outsourcing-Neuland.

HP ist in Wroclaw nicht mehr alleine. Rund 40 Outsourcing-Zentren sind in den letzten acht Jahren entstanden, darunter auch eines der Credit Suisse. Auf vier Gebäude verteilt verrichten 1700 Mitarbeiter die unterschiedlichsten Arbeiten: Arbeitsverträge werden aufgesetzt, Texte übersetzt oder Handelsbücher der Investmentbank geprüft. So liegt die Arbeitslosigkeit im Landesschnitt bei 10 Prozent, in Wroclaw ist es weniger als die Hälfte.

Der Personalstand von HP ist inzwischen auf 2500 angestiegen. In drei Outsourcing-Zentren werden für globale Grossfirmen Backoffice-Arbeiten in den Bereichen Accounting, Personalwesen oder Datenauswertung erledigt. Diese sogenannten Shared Services bietet HP an zahlreichen Standorten weltweit an, und sie machten im dritten Quartal dieses Jahres 21 Prozent des Konzernumsatzes aus. Die schwache Nachfrage nach herkömmlichen Computern und der Trend zu Tablets und Smartphones macht HP zu schaffen und steigert die Bedeutung der Shared Services.

Ein Frauen-Anteil von 74 Prozent

Der Grund für diesen Boom sind Wroclaws gute Rahmenbedingungen. "HP kann auf die Unterstützung der Stadtbehörden zählen", sagt Renata Sima, HP BPO Director für Polen, im cash-Video-Interview. Hinzu kommt die gute geographische Lage nahe bei der deutschen und tschechischen Grenze sowie der stete Nachschub an Hochschulabsolventen: 20 Prozent der knapp 650'000 Einwohner Wroclaws sind Studenten. Jährlich strömen 30'000 Akademiker auf den Arbeitsmarkt. Entsprechend liegt das Durchschnittsalter der HP-Angestellten bei tiefen 29 Jahren, bei einem Frauen-Anteil von 74 Prozent.

Doch das weitaus gewichtigere Argument für Wroclaws Attraktivität dürften die tiefen Kosten sein. Etwa 800 Euro beträgt der Einstiegslohn bei HP für einen Uni-Absolventen. Trotz der tiefen Gehälter ist Wroclaw auch für Ausländer attraktiv. Rund 700 Italiener ziehen zurzeit das prosperierende Wroclaw ihrem kriselnden Heimatland vor. Diesen Weg hat auch Oliver Berks gewählt. Der Deutsche lebt seit 2007 in Wroclaw und betreut für HP zahlreiche Outsourcing-Projekte. Er meint: "Wroclaw kann betreffend Lebensqualität und Lebensstandard mit Deutschland mithalten."

Diese Internationalität nennt Joerg Vollmer eine "schöne Beimischung", sie sie aber für HP nicht entscheidend. Denn laut dem stellvertretenden Chef der HP-Outsourcing-Sparte sind 90 Prozent der HP-Angestellten Einheimische. Dementsprechend fürchtet er sich auch nicht vor einem Wiedererstarken der europäischen Krisenstaaten und einer Rückwanderung der Arbeitskräfte.

Nächste Station: Lodz

Vielmehr reagiert HP auf zukünftige Herausforderungen mit einer weiteren Senkung der Kosten. Ende 2012 eröffneten die Kalifornier im rund 200 Kilometer entfernten Lodz ein weiteres Shared-Service-Zentrum. "Dort sieht der Arbeitsmarkt und die Unilandschaft ähnlich aus wie in Wroclaw. Aber die Löhne sind noch etwas niedriger", begründet Vollmer den Schritt.

Wroclaw ist mit dieser Outsourcing-Erfolgsstory also nicht alleine. Polen ist nach China und Indien zum weltweit drittgrössten Outsourcing-Player geworden. Mehr als 500 Zentren sind landesweit angesiedelt. Und kürzlich wurde bekannt, dass auch die UBS 60 bis 80 Stellen in der Personaldienstleistung nach Polen verlagern will. 2012 wuchs das polnische BIP um 2 Prozent, während es im EU-27-Raum um 0,4 Prozent abnahm. Polen ist somit die einzige Volkswirtschaft der Europäischen Union, die seit 2009 eine Rezession vermeiden konnte.
 

Dieser Artikel entstand im Rahmen eines BPO-Forums in Wroclaw, zu dem HP eingeladen hatte.