Der Schweizer Mietwohnungsmarkt ist seit längerem in Schieflage – zumindest in gewissen Gegenden. Weil die Zinsen so tief sind, bauen Investoren immer mehr Mehrfamilienhäuser. Und zwar tun sie das zunehmend dort, wo keiner wohnen will. Das Ergebnis ist bekannt: Es stehen immer mehr Wohnungen leer.

Dieser sogenannte Leerstand wird nun auch im Büromarkt zum Thema. Derzeit stehen in den fünf grössten Städten 4,1 Prozent der Fläche leer. In den nächsten zwei Jahren wird sich der Leerstand in Zürich, Genf, Basel, Lausanne und Bern nach Einschätzung des neuen Büromarktberichts der Immobilienexperten von JLL zusammengenommen auf 4,3 bis 4,5 Prozent erhöhen.

Steigendes Angebot: 2019 kamen viele neue Büros auf den Markt. (Quelle: JLL)

Je zentraler, desto besser

Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit zu den Mietwohnungen: Büros in den Stadtzentren sind begehrt und schwer erhältlich. Ein Beispiel: In der Zürcher Innenstadt, dem Kreis 1, ist derzeit keine einzige Fläche über 1000 Quadratmeter auf dem Markt. In Wallisellen am nördlichen Stadtrand von Zürich können Unternehmen hingegen problemlos Räume finden.

Dieser Gegensatz zwischen Stadt und Agglomeration besteht auch für Mietwohnungen. Auch da übersteigt die Nachfrage in den Städten das Angebot – die leeren Wohnungen befinden sich in der Agglomeration oder auf dem Land.

«Wir beobachten eine starke Nachfrage von Unternehmen nach Büros an zentralen Standorten. Vor einigen Jahren war der Trend gerade umgekehrt, damals zügelten zahlreiche namhafte Firmen von den Zentren in Aussenquartiere», sagt JLL-Experte Daniel Stocker.

Grosser Gegensatz: Im Stadzentrum von Zürich (Central Business District, CBD), stehen viel weniger Büros leer als in der Agglomeration (Kreise 10, 11, 12 und die Gemeinden von Schlieren, Opfikon / Glattbrugg, Wallisellen und Kloten). (Quelle: JLL)

In Genf droht ein Überangebot

Letztes Jahr stieg das Büroangebot in den fünf Städten um 58'000 auf 765'000 Quadratmeter (dies entspricht einer Fläche von fast 110 Fussballfeldern). In den nächsten Jahren dürfte das Angebot weiter zunehmen. Gleichzeitig wird die Beschäftigung in den fünf Städten voraussichtlich nicht so stark wachsen wie in den vergangenen Jahren. «Das Angebot steigt stärker als die Nachfrage. Solche Zyklen haben wir in der Vergangenheit schon oft erlebt», sagt Experte Stocker.

Beispielsweise wird beim Flughafen Zürich der «Circle» eröffnet – ein Drittel dieses Shoppingkomplexes von 160'000 Quadratmetern wird für Büros genutzt. Besonders viele Büros werden in Genf gebaut. Im Rahmen des Grossprojekts «Grand Genève» sollen bis 2030 rund 13’6000 Wohnungen und 0,9 Millionen Quadratmeter Bürofläche entstehen. Entsprechend könnte der Leerstand bei Büros in die Höhe schiessen – auf über zehn Prozent laut JLL.

Dieser Text erschien zuerst in der "Handelszeitung" unter dem Titel "Immer mehr Leerstände: Jetzt trifft es auch den Büromarkt".