Ist das E-Auto ein Fahrzeug für Eliten und Hipster?

Andreas Schlegel: Einkommen und Vermögen korrelieren augenscheinlich mit der Anzahl E-Fahrzeuge an einem Ort. Ausserdem hat es ein Wohnungsmieter in der Zürcher Innenstadt schwerer, an einen Abstellplatz mit Ladestelle zu kommen, als etwa ein Bewohner an der Seeküste: Hier, Richtung Herrliberg oder Küsnacht, haben E-Fahrer eher die Möglichkeit, eine Ladestation direkt auf ihrem Grundstück zu installieren.

Ist die Schweiz das E-Auto-Land, für das man es hält?

In jedem Fall wächst die Anzahl der E-Fahrzeuge – und zusammen mit Norwegen hat die Schweiz den höchsten Grad erneuerbarer Energien. Käme der Strom für E-Autos aus Kohlekraftwerken, hätte man in der CO₂-Bilanz nichts gewonnen. Die Verbreitung hängt von der entsprechenden Lade-Infrastruktur ab, deren stetiger Ausbau Aufgabe jedes Landes ist, da hat nicht nur die Schweiz Aufholbedarf. Die Frage ist, wie Anbieter von Stromtankstellen und Ladeplätzen Geld verdienen können.

Werden E-Autos anders als Verbrenner kalkuliert?

Grundsätzlich gilt: Material- plus Montagekosten ist gleich Herstellkosten. Je nach Antriebstyp sind beim Verbrenner Getriebe und Motor für den Antriebsstrang ein wesentlicher Kostentreiber, beim E-Auto ist es die Batterie. Das führt zu einer Verschiebung der Kosten mit der Umstellung auf Elektrofahrzeuge.

Welche der Kunde oder die Kundin tragen und der Staat dafür mit Förderungen einspringen soll?

In der Schweiz gibt es verschiedene Fördermassnahmen, kantonal unterschiedlich. Somit wird der Bezug eines E-Autos attraktiver. Abhängig davon, wo man lädt, machen stark schwankende Kosten für den Strombezug die effektive Kostenlage noch unklar. Es kann zu Hause deutlich günstiger sein als unterwegs, wenn man auf öffentliche Ladestationen angewiesen ist.

Wirken die Förderungen marktverzerrend?

Dass mehr E-Autos bezogen werden, steht fest. Und die Fördermassnahmen sind zeitlich befristet. Wenigstens, bis die Batterien so günstig geworden sind, dass Förderungen nicht mehr notwendig sind.

Grafik: HZ

Verdienen die Hersteller bei besseren Batterien und sinkenden E-Auto-Preisen noch genug?
Die Batteriepreise werden nicht so schnell zerbröseln. Dafür sind die Herstellprozesse zu komplex und die Materialressourcen zu selten. Verkauft wird bei einem Auto ja nicht nur das Material, sondern ein Erlebnis, Luxus, Lifestyle, Abenteuer oder einfach nur der Transport von A nach B. Das schafft genug Differenzierungsmöglichkeiten. Der Antrieb wird neben Aspekten wie Innenraumgestaltung, Entertainment und autonomem Fahren eine im Vergleich zu heute weniger bedeutende Rolle einnehmen.

Wer baut nun das beste E-Auto? Tesla?

Man kann davon ausgehen, dass auch E-Pioniere Fahrzeuge mit einer vergleichbaren Qualität und Langlebigkeit wie die traditionellen Hersteller produzieren. Diese wiederum müssen bei der Batterietechnologie aufholen, das Herz eines Elektrofahrzeugs.

Bei Handys streikt der Akku nach drei Jahren; dieselbe Technologie steckt im E-Auto. Wer will da je ein gebrauchtes haben?

Die Hersteller geben Garantien bis zu acht Jahre auf die Batterie. Normalerweise betragen die Zyklen der Besitzer drei Jahre, Leasingverträge gehen meist über 36 Monate. Für Gebrauchtwagenkäufer ist die Batterieleistung eines gebrauchten E-Autos zentral, vor allem, wenn dieses bereits einige Jahre genutzt wurde. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass gebrauchte E-Autos zumeist geleast und nicht gekauft werden.

Dieses Interview erschien zuerst auf HZ unter dem Titel: "Was es für den Siegeszug der E-Autos noch braucht"