Ritchie werde zum 31. Juli von seinen Posten als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Leiter der Unternehmens- und Investmentbank zurücktreten, teilte die Deutsche Bank am Freitag mit. Insidern zufolge soll der Aufsichtsrat am Sonntag unter anderem die Zerschlagung der Sparte in ihrer bisherigen Form sowie den Abbau von weltweit bis zu 20'000 Stellen beschliessen.

Ritchie stand nicht nur wegen des Abstiegs des Finanzkonzerns im Investmentbanking in der Kritik. Auch geriet er im Zusammenhang mit umstrittenen Cum-Ex-Steuertransaktionen ins Visier der Kölner Staatsanwaltschaft, die Anfang Juni ihre Ermittlungen auf Ritchie und zahlreiche weitere Mitarbeiter und Manager der Bank ausweitete. Viele Aktionäre störten sich auch an seiner hohen Vergütung von 8,6 Millionen Euro, inklusive einer drei Millionen Euro schweren "Brexit-Zulage". Damit war er der bestbezahlte Vorstand. Unklar blieb zunächst, wie viele Millionen es die Bank kostet, sich "in gegenseitigem Einvernehmen" von dem Manager zu trennen, der seit 1996 bei der Deutschen Bank arbeitet. Ritchies Vertrag war erst im September um vier Jahre verlängert worden.

Um eine reibungslose Übergabe zeitkritischer regulatorischer Fragen in Bezug auf Grossbritannien und insbesondere auf den Brexit zu sichern, solle Ritchie die Bank noch bis Ende November 2019 beraten, erklärte das Insitut. Konzernchef Christian Sewing werde im Vorstand die Verantwortung für die Unternehmens- und Investmentbank übernehmen.

Investmentbank wird zerschlagen

Allerdings dürfte die Sparte Insidern zufolge nicht mehr lange in der heutigen Form bestehen. Das eigentliche Investmentbanking solle kräftig schrumpfen und von der bisherigen Unternehmens- und Investmentbank (CIB) abgetrennt werden, sagen zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Eine neue "Corporate Bank" soll sich um die Unternehmenskunden und viele Firmenkunden, die bislang von der Privat- und Firmenkundenbank betreut werden, kümmern. Zudem solle die Transaktionsbank, die unter anderem für den weltweiten Zahlungsverkehr zuständig ist, Teil der neuen Sparte sein. Die "Corporate Bank" solle ein eigene Ressort im Vorstand erhalten, sagen die Insider. Darüber hatte zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Die Deutsche Bank lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Neusortierung der Sparten ist nur ein Teil des tiefgreifenden Konzernumbaus, dem Insidern zufolge weltweit 15'000 bis 20'000 Stellen zum Opfer fallen werden - ein Fünftel der Belegschaft von zuletzt rund 91'500 Mitarbeitern. Besonders im kriselnden Investmentbanking werde der Rotstift angesetzt - aber auch an anderen Bereichen dürfte der Umbau nicht spurlos vorbeigehen. So fallen im Zuge der Integration der Postbank in den Deutsche-Bank-Konzern weitere 2000 Stellen weg.

Sewing will mit der Konzentration auf stabilere Geschäfte wie die Transaktionsbank und die Fondstochter DWS den Weg aus der jahrelangen Krise finden. Im Investmentbanking verabschiedet er sich von den Ambitionen seiner Vorgänger. Vor allem in den USA, wo frühere Deutsche-Bank-Chefs mit den grossen Wall-Street-Häusern auf Augenhöhe konkurrieren wollten, ist das Institut inzwischen abgeschlagen. Insidern zufolge wird das Institut daher ausserhalb Europas seine Aktienhandels- und Zinshandelsgeschäfte deutlich schrumpfen oder sogar komplett schliessen. So solle das US-Aktienhandelsgeschäft auf ein Minimum reduziert werden, auch der Handel mit Staatsanleihen soll zusammengestrichen werden.

Teurer Umbau

Der Konzernumbau werde drei bis fünf Milliarden Euro kosten, sagt eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Dadurch könnte die Bank 2019 erneut in die roten Zahlen rutschen - es wäre das vierte Verlustjahr binnen fünf Jahren.

Um die Aktionäre nicht erneut um frische Mittel bitten zu müssen, wolle die Bank ihr Kapitalpolster abschmelzen lassen und dadurch Geld für den Umbau freisetzen, sagen mehrere Insider. Die Bank wolle sich künftig eine Kernkapitalquote von mindestens 12,5 Prozent zum Ziel setzen. Bislang strebt sie eine Kapitalquote von mehr als 13 Prozent an. Ende März lag sie mit 13,7 Prozent deutlich über den eigenem Ziel und den Vorgaben der Aufseher.

Nicht mehr benötigte oder zu risikoreiche Anlagen oder Finanzinstrumente könnten in einer Abbau-Einheit landen. Diese interne "Bad Bank" könnte einem Insider zufolge ein Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro haben. Dabei solle es sich vor allem um langlaufende Derivate handeln.

Weitere Vorstände zittern

Der Umbau wird Insidern zufolge auch zu einer Verkleinerung des Vorstands führen, dem bislang neun Personen angehören. Auch die unter anderem für den Kampf gegen Geldwäsche zuständigen Vorständin Sylvie Matherat müsse bald ihren Hut nehmen, sagen mehrere mit der Angelegenheit vertraute Person. Sie war wie Ritchie auf der Hauptversammlung Ende Mai von den Aktionären abgestraft worden - beide Top-Manager wurden mit gerade mal 61 Prozent der Stimmen entlastet.

Auch Privatkunden-Chef Frank Strauss müsse um seinen Job zittern, sagen mehrere Insider. Zudem sei denkbar, dass Asien-Vorstand Werner Steinmüller, dessen Vertrag im kommenden Jahr ausläuft, vorzeitig ausscheide. Einer der Insider betonte jedoch, dass bei den Umbaumassnahmen noch vieles im Fluss sei.

(Reuters)