Am Freitag kommt es an der Schweizer Börse SIX zu Europas grösstem Initial Public Offering (IPO) im bisherigen 2025. Die Swiss Marketplace Group (SMG), gegründet vor vier Jahren, bringt einen Teil des Aktienbestandes an die Börse. Es ist zugleich der grösste Börsengang an der SIX seit dem IPO von Galderma im März 2024. Der letzte SIX-Börsengang war derjenige von Sunrise im November des letzten Jahres.

Ein erfolgreicher Börsengang von SMG könnte Signalwirkung haben auf den IPO-Markt in ganz Europa. Andere Börsenkandidaten könnten ihre Zurückhaltung ablegen und ebenfalls eine Kotierung anstreben. Zu lange war vielen Firmen die Lage an den Kapitalmärkten wegen des Zollchaos zu unsicher.

Es deutet einiges darauf hin, dass die Nachfrage nach SMG-Aktien im Bookbuilding hoch ist. Anleger können die Titel zu einem Preis von 43 bis 46 Franken zeichnen. Aktienexperte Stephan Sola, Gründer von Sola Capital, geht dabei von einer hohen IPO-Bewertung von SMG aus, wie er auf Anfrage von cash.ch sagt.

Die Aktionäre von SMG - Betreiberin von etablierten Online-Portalen wie Homegate, Autoscout24, Ricardo, Tutti oder Moneyland - wollen mit dem IPO bis 900 Millionen Franken aufnehmen. Im Rahmen des Börsengangs stehen bis 23 Prozent der Titel der Gesellschaft zum Verkauf. Die Marktkapitalisierung könnte damit zum Start bis 4,5 Milliarden Franken betragen. Damit wäre SMG an der Börse etwa gleich «schwer» wie das Apotheker- und Pharmaunternehmen Galenica, ein Drittel soviel Wert wie zum Beispiel Ems-Chemie - aber doppelt so teuer wie SMG-Aktionärin TX Group.

SMG: Eine «interessante Opportunität» für Investoren

Die anderen Aktionäre neben dem Medienkonzernen TX Group (Anteil 31 Prozent) sind Ringier (29,5 Prozent, Herausgeberin von cash.ch), der Versicherer Mobiliar (29,5 Prozent) und der Finanzinvestor General Atlantic (10 Prozent). TX Group will beim IPO keine Aktien veräussern. Das Medienunternehmen setzt damit auf eine spätere Höherbewertung von SMG, aber auch der eigenen Firma. Die Vermögensverwalter Pictet und Blackrock hatten bereits zugesagt, SMG-Titel im Wert von jeweils 150 Millionen Franken zu einem Preis von bis zu 46 Franken zu kaufen.

Sola weist darauf hin, dass mit SMG eine Firma aus einer bisher nicht kotierten Branche an die Schweizer Börse kommt. Er sieht eine daher eine «interessante Opportunität» für Investoren. SMG habe hohe Marktanteile und wachse mit sehr guten Margen, was viele Investoren anziehen werde.

Im letzten Jahr erwirtschaftete SMG einen Umsatz von 291 Millionen Franken. Die bereinigte operative Marge (auf Stufe Ebitda) belief sich auf 48 Prozent. Im Ersthalbjahr 2025 stieg sie auf 54,3 Prozent.

Das Unternehmen kontrolliert rund 80 Prozent des Immobilien-, 90 Prozent des Automobil- und fast den gesamten allgemeinen Kleinanzeigenmarkt in der Schweiz, schreibt David Windisch, Fondsmanager bei der Rothschild & Co Bank in Zürich, in einer Studie. Er attestiert SMG Marktdominanz, hohe Profitabilität und erhebliches Preissetzungspotenzial.

Chancen sieht Windisch beim Aufholpotenzial bezüglich Gebühren im Vergleich zur internatiuonalen Konkurrenz, beim Ausbau der transaktionalen Monetarisierung und bei Effizienzpotenzialen, die von Künstlicher Intelligenz gestützt werden. Unternehmerische Risiken ortet der Fondsmanager bei regulatorischen Eingriffen, beim möglichen Widerstand der Kunden gegen Preiserhöhungen, beim Wettbewerb durch Technologiegiganten und bei den begrenzten Möglichkeiten zur internationalen Expansion.

Branchenumfeld für ein SMG-Börsengang scheint gut

Das Branchenumfeld für einen SMG-Börsengang scheint jedenfalls gut. Davon zeugt die Aktienperformance der europäischen Konkurrenz mit einem vergleichbaren Geschäftsmodell wie SMG. Die Aktie der deutschen Scout24 konnte im 2025 31 Prozent zulegen, die britische Rightmove 14 Prozent, die Baltic Classifieds Group 3 Prozent. Einzig die schwedische Hemnet fällt mit einem Minus von 25 Prozent aus dem Rahmen.

Die grosse Unbekannte bei Online-Marktplätzen ist der künftige Einfluss der KI auf das Geschäftsmodell der Betreiber, wie Windisch bereits erwähnt. Es ist unklar, inwiefern Nutzer auf mittel- oder langfristige Sicht die Anzeigen von Autos oder Immobilien über Perplexity oder ChatGPT suchen statt auf traditionelle Online-Portale zugreifen. SMG-CEO Christoph Tonini sieht bislang jedoch keinen Einfluss von KI auf die Besucherzahlen der SMG-Portale.

Sola von Sola Capital sieht aus Investorensicht beim IPO zudem zwei Punkte, welche für Stirnrunzeln sorgen könnten: Nur die Aktionäre Mobiliar und Ringier bieten beim SMG-IPO einen Teil ihrer Titel an. Das bedeutet einen relativ geringen Anteil der frei handelbaren Aktien zwischen 20 und 23 Prozent. «Das ist ein Malus für viele, insbesondere angelsächsische Investoren. Gemäs meiner Erfahrung warten solche Investoren mit der Investition ab, bis der Freefloat höher ist», sagt Sola.

Die künftige Ausschüttungspolitik von SMG ist ebenfalls noch nicht ganz klar. Für das Geschäftsjahr will SMG für eine Dividendenzahlung von rund 75 Millionen Franken vornehmen, was einer Rendite von 1,7 Prozent entspricht. Sola bezeichnet dies als moderat.«Mit dieser Dividendenprognose zeigt SMG, dass man erwartet, genügend freien Cash-Flow und Profitabilität zu haben, um eine Auszahlung zu ermöglichen, ohne das Wachstum oder Investitionen zu gefährden.» Der Sprung zur Regelmässigkeit der Ausschüttung hänge von Umsatz-, Margen- und Wachstumsverlauf ab.

Dennoch würde sich Sola als Anleger am SMG-Börsengang beteiligen, «je nach Kursentwicklung aber nicht jedem Preisniveau hinterherrennen.»

Daniel Hügli
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