Der aufstrebende und auch etwas kontroverse Neo-Broker Robinhood hat die Art und Weise verändert, wie Anlegerinnen und Anleger mit kleinen Vermögensvolumen anlegen.

Im Zuge der ersten Welle der Coronapandemie im Frühling und Frühsommer 2020 stiegen vor allem in den USA viele "retail trader" über Robinhood in den Börsenhandel ein. Die "Robinhooders" haben im Börsenaufschwung, der im März 2020 nach dem heftigen Corona-Einbruch begann, kräftig mitgemischt.

Nun wagt Robinhood vor dem geplanten Börsengang vermutlich am 29. Juli an der Wall-Street-Börse Nasdaq einen weiteren Schritt, mit dem die althergebrachen Traditionen bei den Initial Public Offerings (IPOs) auf den Kopf gestellt werden sollen. Kleinanleger sollen direkt an einem Börsengang teilnehmen können. Einen Punkt will Robinhood dabei bei der eigenen Aktie setzen. 

In einer allgemein zugänglichen gestreamten Präsentation am vergangenen Samstag machte sich das Robinhood-Management für normale Trader stark. Schon das Format der Präsentation war anders als gewohnt. Normalerweise werden bei den so genannten Roadshows vor einem Börsengang institutionelle Anleger wie Banken, Fonds und Hedgefonds hinter verschlossenen Türen informiert. 

Bis zu 35 Prozent der Robinhood-Aktien, die an die Börse gehen, sind für Privatanlegerinnen und -anleger reserviert. Normalerweise müssten diese warten, bis die Institutionellen die ersten Handelsaktivitäten vollzogen haben. Bei gefragten Aktien zahlen retail trader meistens dann auch höhere Preise. Für den Börsengang von Robinhood besteht im Moment eine Preisspanne von 38 bis 42 Dollar.

Bis zu 35 Milliarden Dollar Marktwert

Das Unternehmen wird mit bis zu 35 Milliarden Dollar bewertet - eine Summe, die als relativ ambitioniert gilt. Zwei Milliarden Dollar sollten durch den Börsengang hereingeholt werden. Das Tickersymbol für die Trading-Plattform soll "HOOD" lauten. 

Robinhood-CEO Vlad Tenev sagte, das Unternehmen wolle erstmalige Anleger zu Langzeit-Anlegern machen. Die Idee hinter der "Demokratisierung der Finanzwelt" würde stärkeres Gewicht erhalten, wenn die Robinhood-Aktien nach dem Börsengang steigen und damit auch kleine Anleger an den Kursanstiegen von Anfang an teilhaben könnten. Floppt der Börsengang, würde dies wohl die kritische Haltung vieler am Finanzmarkt gegenüber Robinhood noch verstärken. 

Kontroversen hat Robinhood schon im vergangenen Jahr ausgelöst, denn die auf den ersten Blick kostenlose Handelsplattform schöpft bei den Handelsspannen Profite ab. Ausserdem steht Robinhood für teilweise riskante Anlagemanöver der User. Robinhood wird vorgeworfen, mit computerspielartigen Simulationen zu Trades anzuregen. So spielte die App einen Konfettiregen ab, wenn ein Trade vollzogen wurde. Wegen des Vorwurfs, die App liefere ein falsches Bild vom Handel, zahlte Robinhood kürzlich 70 Millionen Dollar im Rahmen eines Vergleichs mit der Aufsichtsbehörde FINRA Strafe und Kompensationen. 

In der Präsentation vom Samstag waren auch so genannte "order flows" ein Thema. Broker senden Kundenaufträge an Handelsunternehmen wie Citadel Securities und sacken dafür Gebühren ein. Robinhood macht laut Bloomberg die Mehrheit des Umsatzes mit solchen Geschäften. Diese sind üblich, führen aber auch zu Diskussionen über Interessenskonflikte bei den Brokern. "Würden darauf ein Verbot oder Beschränkungen erfolgen, würden sich, wie wir glauben, Robinhood und die Branche anpassen können", sagte Jason Warnick, der Finanzchef des Unternehmens. 

(Bloomberg/cash)