Der Iran hat Israel in der Nacht auf Sonntag mit Drohnen und Raketen angegriffen. Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters berichteten von Explosionen, die israelischen Medien zufolge von abgefangenen Geschossen stammten. Die Armee sprach von mehr als 200 Drohnen sowie Raketen, die die Islamische Republik abgefeuert habe. Nach ersten Behördenangaben wurde ein siebenjähriges Mädchen verletzt. Irans Revolutionsgarden bekannten sich zu dem Angriff und sprachen von einer Strafe. Mehrere westliche Staaten, darunter Deutschland, verurteilten die Attacke. Der Sender Channel 12 zitierte einen israelischen Vertreter, der eine «bedeutende Reaktion» ankündigte.

Es war der erste direkte Angriff des Irans auf Israel. Einem israelischen Militärsprecher zufolge lief der Angriff in der Nacht weiter. Neben den Drohnen seien Dutzende Boden-Boden-Raketen auf Israel abgefeuert worden, darunter mehr als zehn Marschflugkörper. Ein Militärstützpunkt sei leicht beschädigt worden. Später in der Nacht hob die Armee einen Anruf an die Bevölkerung in gewissen Teilen des Landes auf, sich für eine Flucht in die Schutzräume bereit zu halten. Ob dies das Ende des Angriffes signalisierte, war zunächst unklar.

Biden hatte Iran vor Angriff gewarnt

Die Regierung in Teheran hatte Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Luftangriff auf seine Vertretung in Damaskus am 1. April angekündigt. Bei der Attacke wurde unter anderem ein hochrangiger Kommandeur der Revolutionsgarden getötet. Diplomatische Vertretungen sind nach internationalen Vereinbarungen von Angriffen ausgenommen. In der Nacht auf Sonntag zitierte das iranische Staatsfernsehen die Revolutionsgarden mit der Erklärung, die Operation «Wahres Versprechen» sei ein Teil der Strafe für «israelische Verbrechen». Der Iran ist ein Verbündeter der radikal-islamischen Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen Krieg führt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief nach Angaben seines Büros das Kriegskabinett ein. US-Präsident Joe Biden brach einen Aufenthalt in Delaware ab und kehrte nach Washington zurück. Nach einem Treffen mit Sicherheitsberatern bekannte er sich erneut zu dem Verbündeten. Biden hatte den Iran vor einem Angriff gewarnt und Israel Unterstützung zugesagt. «Tut es nicht», sagte er noch am Freitag im Weissen Haus an die Regierung in Teheran gerichtet. «Wir werden Israel unterstützen. Wir werden helfen, Israel zu verteidigen, und der Iran wird keinen Erfolg haben.»

Scholz verurteilt Angriff mit aller Schärfe

Die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen (UN) rief die USA dagegen auf, sich aus dem Konflikt mit Israel herauszuhalten. «Die Militäraktion des Irans war eine Antwort auf die Aggression des zionistischen Regimes gegen unsere diplomatischen Einrichtungen in Damaskus», heisst es auf dem Kurznachrichtendienst X. «Die Angelegenheit kann als abgeschlossen betrachtet werden.» Channel 12 zufolge schossen neben US-Kampfjets auch britische anfliegende Drohnen ab. Aus Sicherheitskreisen verlautete, das jordanische Militär habe Dutzende Drohnen abgefangen.

Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte den Angriff «mit aller Schärfe», wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Sonntagmorgen direkt nach der Ankunft von Scholz in China mitteilte. Er werde mit den G7-Staaten eine Reaktion absprechen. «Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand.» Deutschland stehe eng an der Seite Israels. Der Kanzler befand sich auf dem Flug nach China, als der iranische Angriff begann. Auch Frankreich und andere Staaten verurteilten die Attacke. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach von einer «ernsthaften Eskalation» des Irans und forderte eine maximale Zurückhaltung von allen Beteiligten.

(Reuters)