Auch auf israelischem Gebiet nahe der Grenze wurde Luftalarm ausgelöst. Der israelische Militärsprecher erklärte am Montag, die Truppen hätten die Kontrolle über die Gemeinden im Süden Israels wiedererlangt, es komme aber weiterhin zu vereinzelten Zusammenstössen. Palästinenser berichteten, sie hätten Telefonanrufe und Sprachnachrichten von israelischen Sicherheitsbeamten erhalten, in denen sie aufgefordert wurden, Gebiete vor allem im Norden und Osten des Gazastreifens zu verlassen, da die Armee dort operiere. Die Gewalt hat seit Samstag mehr als 1500 Menschen das Leben gekostet.

Israelische Fernsehsender berichteten, die Zahl der Todesopfer des Hamas-Angriffs sei auf 900 Israelis gestiegen, mindestens 2600 seien verletzt und Dutzende gefangen genommen worden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden bei israelischen Luftangriffen auf die blockierte Enklave seit Samstag mindestens 687 Palästinenser getötet und 3726 verletzt.

Die Reaktion Israels, innerhalb von nur zwei Tagen 300.000 Reservisten zu mobilisieren, hat Spekulationen über einen Bodenangriff auf den Gazastreifen genährt. «Wir haben noch nie so viele Reservisten in einem solchen Ausmass einberufen», sagte der oberste Militärsprecher, Konteradmiral Daniel Hagari. «Wir gehen in die Offensive.» Die Regierung in Washington, die Israel jährlich mit 3,8 Milliarden Dollar Militärhilfe unterstützt, erklärte, die USA würden neue Lieferungen von Luftabwehrsystemen, Munition und anderer Sicherheitshilfe nach Israel schicken.

Die Aussicht auf eine Ausweitung der Kämpfe beunruhigt die internationale Gemeinschaft. Der oberste General der Vereinigten Staaten warnte den Iran vor einer Einmischung in die Krise und erklärte, er wolle keine Ausweitung des Konflikts. Der Iran, der aus seiner Unterstützung für die Hamas keinen Hehl macht, begrüsste den Angriff vom Wochenende, bestritt aber jede Beteiligung. «Wir wollen eine ganz klare Botschaft senden. Wir wollen nicht, dass sich der Konflikt ausweitet, und wir wollen, dass der Iran diese Botschaft laut und deutlich hört», sagte General Charles Q. Brown, Vorsitzender des Generalstabs.

Der russische Präsident Wladimir Putin wird nach russischen Angaben am Dienstag in Moskau mit dem irakischen Ministerpräsidenten Mohammed Shia Al-Sudani Gespräche über bilaterale Fragen und die Entwicklung der Lage im Nahen Osten führen. «Ausführlich werden Fragen der Entwicklung der vielfältigen russisch-irakischen Zusammenarbeit sowie aktuelle Themen der internationalen Agenda besprochen, insbesondere die Situation im Nahen Osten», hiess es in einer Mitteilung des Kremls über die Nachrichten-App Telegram. Die russischen Investitionen im Irak werden auf mehr als zehn Milliarden Dollar geschätzt, vor allem in der Ölindustrie.

Auch Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wird russischen Medienberichten zufolge bald in Moskau erwartet. «Es wurde vereinbart, dass Herr Abbas nach Moskau kommt», zitierte die russische Nachrichtenagentur RBC den palästinensischen Botschafter in Moskau, Abdel Hafiz Nofal. Beide Seiten hätten «täglichen Kontakt». «Wir warten auf eine offizielle Erklärung des Kremls, von russischer Seite, wann der Besuch stattfinden wird.» Der russische Präsident Wladimir Putin hatte Abbas zuletzt vor einem Jahr am Rande einer Regionalkonferenz in Kasachstan getroffen. Russischen Medienberichten zufolge war Abbas zuletzt vor zwei Jahren in Russland.

Russland, das sowohl Beziehungen zu arabischen Ländern, dem Iran und der Hamas als auch zu Israel unterhält, verurteilt die Gewalt auf beiden Seiten und wirft den USA vor, die Bedeutung eines unabhängigen palästinensischen Staates nicht anzuerkennen.

(Reuters)