Vergangene Woche überschritt der Euro zum Franken nach sechs Monaten wieder die wichtige Schwellenmarke von einem Franken und hat sich seither über der Parität halten können. Jüngst ist die Nachfrage nach dem sicheren Hafen Franken gesunken, da der Risikoappetit internationaler Anleger deutlich angestiegen ist.

Verglichen mit den ersten drei Quartel des vergangenen Jahr, als der Euro wegen Inflations- und Rezessionsängsten gegenüber dem Franken an Wert verloren, stellt diese eine Trendwende dar.

Ein Zeichen, wie schnell sich die globale Risikostimmung entwickelt hat

Ein deutliches Zeichen für den gestiegenen Risikoappetit ist die sich verkleinernde Zinsdifferenz zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen, sagt Kiran Kowshik, Devisenstratege bei Lombard Odier in Genf. Diese verengt sich, selbst wenn die Europäische Zentralbank immer wieder signalisiert, dass die Zinsen in der Eurozone weiter deutlich steigen müssen. "Das ist ein Umfeld, das gegen einen rückläufigen Euro zum Franken auf einer taktischen Basis spricht", hält er fest.

Auch haben sich die Zinsen stärker zugunsten des Euro bewegt. Den Höhepunkt im aktuellen Zykluserhöhungszyklus erwarten die Ökonomen von Wells Fargo mit einem Leitzins für den Franken bei 1,50 Prozent, für den Euro bei 3,50 Prozent. Das ergibt eine 2 Prozent höhere Rendite bei kurzfristigen Euro-Geldmarktanlagen im Vergleich zu Anlagen in Franken. 

Sollte die EZB tatsächlich die Zinsen aggressiv anheben, so könnte der Euro auf bis auf 1,05 Franken in den kommenden Monaten ansteigen, sagt Sven Schubert, Anlagestratege bei Vontobel voraus und fügt an, dass "der Kurs in einem sehr bullishen Marktumfeld bis auf 1,10 Franken klettern könnte, sollte die Eurozone nicht in eine Rezession abgleiten". 

Zum Abschreiben des Frankens zu früh

Eine klar andere Haltung nimmt die Raiffeisenbank ein. Deren Ökonom Alexander Koch meint, dass der Ausblick für den Euro im laufenden Jahr alles andere als rosig sei. Zwar verhelfe die EZB dem Euro mit den angekündigten Zinserhöhungen derzeit zu einem starken Kursauftrieb. Diese führe allerdings zu einer wirtschaftlichen Abkühlung in der Eurozone und die gestiegenen Zinsen liessen die Gefahr einer Rezession ansteigen.

"Auf Sicht von zwölf Monaten rechnen wir deshalb mit einem schwächeren Euro. Gegen eine weitere Abwertung des Franken sprechen zudem die wirtschaftlichen Fundamentaldaten und vor allem der anhaltend sehr viel geringere Preisdruck in der Schweiz", so Koch. Der Ökonom erwartet, dass der Euro bis Ende Jahr auf 0,95 Franken sinkt.

(cash/Bloomberg)