Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wird wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, etwa die Hälfte des italienischen Anteils an den Wiederaufbaumitteln der Europäischen Union zu erhalten. 

Rom wird Kreisen zufolge wahrscheinlich noch die nächste, vierte Tranche in Höhe von 16,5 Milliarden Euro erhalten, auch wenn es zu Verzögerungen bei der Erfüllung von Projektzielen kommen kann.

Doch darüber hinaus ist es immer schwieriger geworden, die Ziele zu erreichen, und auch das Tempo der notwendigen Reformen verlangsamt sich. Das bedeutet, dass Italien möglicherweise für einige Zeit keine weiteren Gelder erhalten wird und Gefahr läuft, dass es vor dem geplanten Ende der EU-Zahlungen im Jahr 2026 Mittel versäumt. Rom hat noch Zugriff auf etwa 92 Milliarden Euro.

Mit der vierten Tranche würden insgesamt 101,9 Milliarden Euro oder etwa 52 Prozent der verfügbaren Mittel ausgezahlt, wie aus den Informationen auf der Website der Regierung hervorgeht.

Vorsicht vor Verschuldung

Der Temporückgang zeigt, vor welcher Herausforderung Meloni bei dem Versuch steht, das grösste Hilfsprogramm seit dem Wiederaufbau Italiens nach dem Zweiten Weltkrieg zu nutzen, um das schwache Wachstum anzukurbeln. Die Mittel werden dringend für Investitionen in Bereichen wie Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und grüne Energie benötigt.

Gleichzeitig machen es die hohen Zinskosten und das niedrige Wachstum für die Regierung schwierig, in die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone zu investieren, ohne dass die gigantische Verschuldung ausser Kontrolle gerät.

Das italienische Ministerium für EU-Angelegenheiten reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. Die Regierung sagte am 10. Oktober, dass die Arbeit an der Erfüllung der Ziele für die vierte und fünfte Tranche noch andauere, ebenso wie die Gespräche mit der EU, um Änderungen bei einigen der Ziele zu erreichen.

Kreditrating steht noch aus

Italien wird von den Anlegern auch im Hinblick auf die Auszahlungen aus den Konjunkturpaketen besonders genau beobachtet. Zumal sich das Land inmitten einer Reihe von Ratingüberprüfungen befindet, bei der die Aktualisierung von Moody’s Investors Service am Freitag im Mittelpunkt steht. Bislang haben alle Ratings die Kreditwürdigkeit Italiens bestätigt, und eine Herabstufung durch Moody’s auf Ramschniveau wäre sehr umstritten.

Davor wird die Veröffentlichung neuer Wirtschaftsprognosen durch die Europäische Kommission am Mittwoch weiteren Aufschluss über Italiens Schulden- und Defizitentwicklung geben.

Neuer Spielraum, verzögerte Deadlines

Der Minister für EU-Angelegenheiten, Raffaele Fitto, hat erklärt, dass Italien nicht in der Lage sein wird, einige der Projekte, die zur Freigabe von EU-Mitteln erforderlich sind, bis zum Jahr 2026 abzuschliessen. Das Land hat einige der Bedingungen neu verhandelt, wobei Brüssel von Fall zu Fall Spielraum gewährt.

Italien hat in der Vergangenheit immer wieder Fristen für die Auszahlung von EU-Mitteln versäumt und stösst nun auf chronische Probleme, insbesondere in den weniger wohlhabenden Gebieten, die die Mittel am dringendsten benötigen. Zu den Zielen, die mit der Unterstützung durch die Konjunkturpakete verknüpft sind, gehören der Abbau von Zahlungsfristen in der öffentlichen Verwaltung und von Bürokratie sowie der fristgerechte Abschluss von Projekten.

(Bloomberg)