«Die Gegenmassnahmen der amerikanischen Handelspartner sind begrenzt, der effektive Zollsatz auf US-Exporte hat sich kaum verändert», heisst es im neuen Weltwirtschaftsausblick des Internationalen Währungsfonds, der am Dienstag in Washington zu Beginn der IWF-Herbsttagung veröffentlicht wurde. Die globale Wirtschaftsleistung dürfte dieses Jahr um 3,2 Prozent zulegen, 2026 dann um 3,1 Prozent. Zum Vergleich: 2024 waren es noch 3,3 Prozent. Gegenüber der jüngsten Schätzung vom Juli haben sich die Aussichten für 2025 verbessert, für 2026 sind sie unverändert. Deutschland dürfte sich weiter schwächer entwickeln als viele andere Industrienationen. Die höheren Investitionen in Deutschland kurbelten aber das Wachstum in Europa an, lobte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas.
Die globalen Aussichten seien kurz- und auch langfristig recht düster, teilte der IWF weiter mit. In den 20 Jahren vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie war die Weltwirtschaft im Schnitt noch um 3,7 Prozent gewachsen. In den Jahren 2027 bis 2030 dürfte es dagegen im Schnitt nur zu 3,2 Prozent reichen. Ein Grund dafür sei die Unsicherheit, die mit dem Handelsstreit einhergehe. US-Präsident Donald Trump hat die Zollsätze für die wichtigsten Handelspartner deutlich erhöht, so auch für Importe aus der EU. Zudem dürften sich die negativen Auswirkungen protektionistischer Massnahmen erst mit der Zeit voll entfalten. Die EU hat zugestimmt, deutlich höhere Zölle zu zahlen als umgekehrt - und zusätzlich noch im grossen Stil Energie und KI-Chips in den USA einzukaufen.
Für die USA als weltgrösste Volkswirtschaft prognostiziert der IWF für 2025 und 2026 nun ein etwas stärkeres Wachstum von 2,0 und 2,1 Prozent, nachdem es 2024 noch 2,8 Prozent waren. Für die Euro-Zone werden 2025 und 2026 1,2 und 1,1 Prozent erwartet. Die deutsche Wirtschaft dürfte die Rezession hinter sich lassen und 2025 zumindest leicht um 0,2 Prozent wachsen. 2026 sollen es dann 0,9 Prozent sein. Damit ist der IWF pessimistischer als viele Ökonomen hierzulande. Deutschland wird als Exportnation stärker von den Handelskonflikten in Mitleidenschaft gezogen.
Inflation normalisiert sich
Bei der Inflation - eines der wichtigsten Themen der vergangenen Jahre - zeichnet sich laut IWF kein einheitliches Bild ab. Weltweit soll die Teuerungsrate von 5,8 Prozent im Jahr 2024 auf 4,2 Prozent in diesem und 3,7 Prozent im nächsten Jahr sinken. In den USA rechnet der IWF jedoch damit, dass die Teuerung in der zweiten Jahreshälfte 2025 anziehen wird, da die Auswirkungen der Zölle dann voraussichtlich an die Verbraucher weitergegeben würden. Für die Euro-Zone wird hingegen ein weiterer Rückgang auf 2,1 Prozent im Jahr 2025 und 1,9 Prozent 2026 prognostiziert.
Ein Grund zur Sorge bleibt laut IWF die hohe Verschuldung. Trumps Politik dürfte die Gesamtverschuldung der USA im Jahr 2030 auf 143 Prozent der Wirtschaftsleistung treiben. 2024 waren es noch 122 Prozent. In der Euro-Zone dürfte es im gleichen Zeitraum einen Anstieg von 87 auf 92 Prozent geben.
Für China erwartet der IWF eine Verlangsamung des Wachstums von 5,0 Prozent im Jahr 2024 auf 4,8 Prozent im laufenden und 4,2 Prozent im kommenden Jahr. Indien dürfte 2025 um 6,6 Prozent wachsen, 2026 noch um 6,2 Prozent. Gourinchas sagte, China habe wegen der höheren Zölle mit einer Abwertung seiner Währung reagiert sowie Exporte nach Asien und Europa umgeleitet.
(Reuters)