Japan rutscht in die Rezession und verliert seinen Platz als drittgrösste Volkswirtschaft der Welt an Deutschland. Laut Regierungsdaten vom Donnerstag ist die Wirtschaft in dem Fernostland von Oktober bis Dezember aufs Jahr hochgerechnet um 0,4 Prozent geschrumpft - das zweite Quartal mit negativem Vorzeichen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Folge. Von Reuters befragte Experten hatten eigentlich eine Konjunkturerholung erwartet und ein Plus von 1,4 Prozent vorhergesagt, nachdem die Wirtschaftsleistung im Sommer um abwärts revidiert 3,3 Prozent eingebrochen war. Deutschland überholte Japan nun, obwohl es selbst mit einem Bein in der Rezession steckt.

LBBW-Ökonom Matthias Krieger erläuterte, wie es dazu kam: «Das nominale BIP Japans belief sich im vergangenen Jahr je nach Währungsumrechnung auf rund 4,2 Billionen Dollar. Das deutsche BIP betrug rund 4,5 Billionen Dollar.» Damit sei Japan hinter Deutschland auf Rang vier der grössten Volkswirtschaften der Welt abgerutscht – bei immerhin rund 126 Millionen Einwohnern gegenüber rund 85 Millionen in Deutschland. «Neben der äusserst ungünstigen Demografie und struktureller Probleme ist hier auch der schwache Yen ursächlich, der seinerseits ein Symptom der fundamentalen Wachstumsschwäche des Landes ist.»

In Japan hielten sich die Verbraucher vor der Jahreswende mit ihren Konsumausgaben zurück, was insbesondere die Bekleidungsgeschäfte und Restaurants zu spüren bekamen. Der private Verbrauch ist eigentlich die tragende Säule der Wirtschaft in dem Fernostland, die nunmehr Risse bekommen hat. Manche Experten erwarten einen weiteren Rückgang des BIP im laufenden Quartal, da die schwache Nachfrage in China, der maue Konsum und Produktionsstopps bei Toyota die Wirtschaft bremsen dürften.

Auch die Investitionsausgaben sanken vor der Jahreswende - und zwar um 0,1 Prozent. Die Prognosen waren von einem Anstieg um 0,3 Prozent ausgegangen. Die Auslandsnachfrage trug den Daten zufolge 0,2 Prozentpunkte zum BIP bei, da die Ausfuhren gegenüber dem Vorquartal um 2,6 Prozent gestiegen sind. «Besonders auffällig ist die Flaute beim Konsum und bei den Investitionsausgaben, die wichtige Säulen der Inlandsnachfrage sind», sagte Yoshiki Shinke, leitender Ökonom am Dai-ichi Life Research Institute.

Zweifel an rascher Zinswende 

Die schwachen Daten könnten Zweifel an der Prognose der Bank of Japan (BoJ) aufkommen lassen, dass steigende Löhne die Binnennachfrage beleben werden und damit in absehbarer Zeit ein Ende der lockeren Geldpolitik gerechtfertigt sein könnte. «Es besteht das Risiko, dass die Wirtschaft im Januar-März-Quartal wegen der Verlangsamung des globalen Wachstums, der schwachen Inlandsnachfrage und der Auswirkungen des Neujahrsbebens im Westen Japans erneut schrumpft», sagte Takuji Aida, Chefökonom bei Credit Agricole. Zuletzt war an den Märkten darüber spekuliert worden, dass die Zentralbank angesichts steigender Löhne und Preissteigerungen ihre Negativzinspolitik im April beenden könnte.

Die Inflation ist zwar seit über einem Jahr höher als die Zielmarke der BoJ von zwei Prozent. Viele Währungshüter haben jedoch betont, dass sie mehr Hinweise sehen wollen, dass der Preisauftrieb durch die Inlandsnachfrage getrieben wird und nicht durch externe Faktoren wie teures Öl. Mehrere Grossunternehmen haben ihre Bereitschaft zu weiteren Lohnerhöhungen bereits kundgetan. Notenbankchef Kazuo Ueda nannte diese Entwicklung «ermutigend». 

(AWP)