"Wir sind jederzeit bereit für Regierungsverantwortung", sagt ein führendes Mitglied der CDU zu Reuters. Zwar hat CDU-Chef Friedrich Merz mehrfach betont, dass er nicht mit einem Bruch der Koalition von SPD, Grünen und FDP vor den Bundestagswahl 2025 rechne. Aber der Wille zur Rückkehr an die Macht ist so gross, dass man auf alles vorbereitet sein will - weshalb es hinter den Kulissen nach Aussagen von Beteiligten auch immer wieder Gespräche mit Grünen und FDP gibt. Zum anderen laufen bereits jetzt bei Personal und Programm die Vorbereitungen für 2025 - was übrigens auch an CSU-Chef Markus Söder liegt.

Die K-Frage stellt sich erneut

Sowohl Söder als auch CDU-Chef Merz beteuern zwar, dass sie die "K-Frage" diesmal besser entscheiden wollen als beim Streit 2021. Aber wie, ist völlig unklar. Je näher die bayerische Landtagswahl im Oktober rückt, desto nervöser wird man in der CDU. "Bis zur Wahl wird Söder zahm sein - was danach passiert, weiss niemand", sagt ein CDU-Präsidiumsmitglied. Das Misstrauen gegen den CSU-Chef ist seit 2021 derart gross, dass viele CDU-Granden auf jeden Fall verhindern wollen, dass Söder noch einmal die Hand nach Berlin ausstreckt.

Offiziell betont Merz auf Nachfrage, dass die Frage nicht aktuell sei. Der CDU-Chef hat die Entscheidung auf 2024 nach der Europawahl terminiert. Ähnlich äusserte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Samstag gegenüber der "Funke"-Mediengruppe. Andere plädieren intern für eine viel frühere Entscheidung, um eine schwelende Debatte mit Söder nach der Bayern-Wahl oder über die bessere Eignung von CDU-Ministerpräsidenten zu verhindern. Der "Spiegel" zitierte den CDU-Vize Carsten Linnemann und den Parlamentarischen Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, die beide Merz für den richtigen Kandidaten halten.

Andere CDU-Politiker warnen hinter vorgehaltener Hand, dass man mit einer frühen Festlegung ein erhebliches Risiko eingehe. Merz wäre bei der Wahl 2025 69 Jahre alt. Gleich mehrfach hatte er in den vergangenen Monaten mit umstrittenen Äusserungen auch in der CDU für Kopfschütteln gesorgt. Demoskopen wie Forsa-Chef Manfred Güllner verweisen darauf, dass Merz trotz der Schwäche der Ampel bei Wählern nicht als entscheidende Verbesserung gesehen wird. Immerhin lag er jetzt erstmals in einer Forsa-Befragung in der Kanzlerpräsenz vor Scholz.

Unklar bleibt, ob nicht vielleicht in zwei Jahren der Ruf nach jüngeren CDU-Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst (NRW) oder Daniel Günther (Schleswig-Holstein) kommen wird - die beide bereits Regierungserfahrung mit den Grünen haben. "Aber für den Moment ist Merz unser Mann", betont ein Bundesvorstandsmitglied. Der Vorteil: Der CDU-Chef selbst muss sich nicht erklären, könnte also später im Konfliktfall sagen, dass er nie behauptet habe, 2025 überhaupt antreten zu wollen.

Wofür steht die CDU eigentlich?

In der CDU-Spitze ist man zudem zufrieden, dass die inhaltliche Neuaufstellung weiter ist als geplant - und die Partei in der Opposition sich von den 16 Jahren Merkel-Kanzlerinnenschaft löst. In den vergangenen Wochen sind immer wieder Teile der Arbeiten aus den zwölf Fachkommissionen für das Grundsatzprogramm bekanntgeworden. Formell beschlossen werden soll es im Dezember auf dem Bundesparteitag. Und in der CDU haben man langsam wieder inhaltlich Oberwasser, heisst es bei den Unterhändlern. Denn beim Klimaschutz gilt die Ampel-Aufgabe der Sektorenziele bei der CO2-Reduktion als politisches Geschenk. Merz und Dobrindt betonen nun, dass in der Unions-Regierungszeit härtere Vorgaben entschieden wurden. In der Steuerpolitik gibt es gedankliche Lockerungsübungen, weil nicht nur der Spitzensteuersatz erst bei deutlich höheren Einkommen greifen soll als bisher. "Im Gegenzug kann der Steuersatz für Spitzenverdiener in der obersten Progressionszone im Sinn der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit für besonders hohe Einkommen steigen", heisst es in dem Reuters vorliegenden Papier.

Natürlich biete dies Verhetzungspotenzial seitens der FDP, räumt Thorsten Frei ein. Prompt behauptete FDP-Chef Christian Lindner, dass die CDU für Alleinstehende ab 80.000 Euro Einkommen einen Steuersatz von 57 Prozent plane - obwohl in dem Papier überhaupt keine Zahlen genannt werden. Am Ende zähle, dass man die Mitte steuerlich deutlich entlaste, hält Frei dagegen. Er hätte "überhaupt kein Problem, wenn jemand, der Millionen verdient, mit dem Spitzensatz belastet wird", fügt er hinzu. Das wirklich Neue: Das Mantra gegen alle Steuererhöhungen gibt es in der "neuen" CDU nicht mehr. Dass SPD und Grüne prompt mit Kritik auf die Vorschläge zu Steuern und Rente reagierten, lässt in der CDU-Grundsatzkommission übrigens die Korken knallen. "Es zeigt, dass wir auch als Opposition die Diskussionen wieder mitbestimmen", heisst es.

(Reuters)