Die Bank Vontobel dürfte die verwalteten Vermögen nach dem Rückgang 2022 im ersten Halbjahr wieder gesteigert haben. Dabei könnte sie im Wealth Management auch von Zuflüssen von verunsicherten CS-Kunden profitiert haben. Wie andere Vermögensverwaltungs-Institute könnte die Bank auch über die Anstellung neuer Kundenberater von den Turbulenzen rund um die Grossbank Credit Suisse profitiert haben. Im Asset Management könnte Vontobel dagegen weiterhin die Verunsicherung der Kunden zu spüren bekommen. Trotz eingeleiteter Kostensparmassnahmen wird der Halbjahresgewinn unter dem Vorjahr erwartet.

Gemäss den mittelfristigen Unternehmenszielen bis 2024 will Vontobel das Geschäft jährlich um 4 bis 6 Prozent ausbauen. Auch das Netto-Neugeld soll dabei in einem Korridor von 4-6 Prozent wachsen. Die Rendite auf dem Eigenkapital soll mehr als 14 Prozent betragen und damit deutlich über den Kapitalkosten ausfallen. Das Aufwand-Ertrags-Verhältnis soll weniger als 72 Prozent betragen. Die Kernkapitalquote (CET1) soll über 12 Prozent und die Gesamtkapitalquote mehr als 16 Prozent betragen. Werden Gewinne nicht für organisches Wachstum und Akquisitionen genutzt, so sollen die Aktionäre mit einer Ausschüttungsquote von mindestens 50 Prozent am Erfolg beteiligt werden.

Vontobel muss einen neuen Konzernchef suchen

Der amtierende CEO Zeno Staub hatte im Mai angekündigt, sein Mandat per 9. April 2024 niederzulegen und sich verstärkt in der Politik zu engagieren. So werde er werde im Herbst an den Nationalratswahlen als Spitzenkandidat der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft (AWG) des Kantons Zürich für "Die Mitte" kandidieren. Zudem will sich Staub nach einem Jahr Karenzzeit an der Generalversammlung 2025 zur Wahl in den Verwaltungsrat stellen, allerdings lediglich als einfaches Mitglied.

Bereits geregelt ist die Nachfolge von Chief Operating Officer (COO) Felix Lenhard, der ebenfalls im Mai seinen Rücktritt per Ende 2023 angekündigt hatte. Mitte Juli hatte Vontobel bekannt gegeben, dass Markus Pfister zum neuen COO ernannt wird und diesen Posten per Anfang 2024 antreten wird. Pfister arbeitet den Angaben zufolge seit 2004 für die Privatbank und ist seit 2020 auch Mitglied der Geschäftsleitung. Zurzeit leitet er den Bereich "Structured Solutions & Treasury" (SS&T).

Die Eigentümerfamilie der Bank Vontobel will von einem Verkauf von Anteilen nichts wissen. Die Familie stehe hinter Vontobel - heute und in Zukunft, erklärten Maja Baumann und Björn Wettergren im Juni in einem Interview mit der Zeitschrift "Bilanz". Die beiden vertreten die Eigentümerfamilie im Vontobel-Verwaltungsrat. Die Familien Vontobel halten 50,9 Prozent der Stimmen und Kapital. Sie sind in einem Aktionärsbindungsvertrag gebunden, der per Ende 2026 aufgekündigt werden kann. Im Moment gebe es aber keinerlei Indizien dafür, dass jemand diesen aufkündigen wolle, sagte Baumann.

Die Aktien von Vontobel haben seit Jahresbeginn rund 4 Prozent nachgegeben. Damit schneiden sie deutlich schlechter ab als der Gesamtmarkt gemessen am SPI mit einem Plus von rund 7 Prozent. Bereits im letzten Jahr entwickelten sich die Titel unterdurchschnittlich. Michael Klien von der Zürcher Kantonalbank meint, dass Vontobel zwar eine Verbesserung gegenüber dem zweiten Halbjahr 2022 ausweisen könne, aber den Vorsteuergewinn von CHF 180 Mio des Vorjahres klar nicht erreichen können. "Da die Management-Fees anhand durchschnittlicher Assets under Management (AuM) berechnet werden, zeigt sich eine Erholung der Kennzahlen mit Verzögerung." Positiv auswirken würden sich steigende Märkte, ein Anstieg der Kundenaktivität (auch bei Derivaten), Neugeldzuflüsse (auch aufgrund der CS) oder eine Verbesserung der Investmentperformance der Vontobel-Produkte, die 2022 etwas gelitten hat. Klien hält deshalb an seiner Markteinschätzung "Marktgewichten" fest. 

(AWP/cash)