Der Münchner Chiphersteller Infineon blickt pessimistisch auf den weiteren Jahresverlauf und schraubt zum zweiten Mal in diesem Geschäftsjahr seine Prognose herunter. Vor allem das Geschäft mit Halbleitern für Solaranlagen oder Windräder schwächle, aber auch die Nachfrage aus der Autobranche entwickle sich nicht so gut wie erhofft, sagte Infineon-Chef Jochen Hanebeck am Dienstag bei der Vorstellung der Quartalszahlen.

An der Börse legten die Akten dennoch zeitweise gut zehn Prozent zu und waren damit mit Abstand grösster Gewinner im deutschen Leitindex Dax. Analysten verwiesen darauf, dass Infineon zwar die Prognose für das laufende Jahr gesenkt habe, mittel- bis langfristig aber die Aussichten gut einschätze. «Wir sehen deswegen jede Schwäche der Aktie als attraktive Kaufgelegenheit», schrieben die Experten von Jefferies. Stifel-Analyst Jürgen Wagner sagte, seiner Einschätzung nach seien die Aussichten für das strukturelle Wachstum unverändert.

Auch Hanebeck sagte, wenn man über die zyklische Schwächephase hinausblicke, seien die Wachstumschancen weiterhin vorhanden. Derzeit sei in wichtigen Zielmärkten die Talsohle erreicht, es gebe aber noch keine Anzeichen für eine Erholung. Für das Geschäftsjahr bis Ende September rechnet das Unternehmen nur noch mit Jahreserlösen von 15,1 Milliarden Euro plus/minus 400 Millionen Euro - das sind ungefähr 900 Millionen Euro weniger als noch vor drei Monaten. «Der konjunkturelle Gegenwind hält an, die zyklische Nachfrageschwäche hat Autobranche und Industrie erreicht», sagte Hanebeck.

Auch der Gewinn dürfte geringer ausfallen als zuvor erwartet. Infineon rechnet nun mit einer Segmentergebnis-Marge von etwa 20 Prozent, bisher wurden einige Prozentpunkte mehr in Aussicht gestellt. Ein Sparprogramm soll nun Abhilfe schaffen, das jährlich einen hohen dreistelligen Millionenbetrag bringen soll. Erste Effekte seien im Laufe des kommenden Geschäftsjahres zu erwarten. Hanebeck sagte, Ziel sei es, unabhängig vom Marktumfeld die Kostenstruktur zu verbessern. «Wir werden das Programm auch in einem besseren Marktumfeld umsetzen.»

Er verwies darauf, dass etwa in der Fertigung, im Portfoliomanagement, bei den Preisen und bei den Betriebskosten unterschiedliche Schritte geplant seien. Grösseren Verkäufen erteilte er dabei eine Absage. Vielmehr gehe es darum, sich auf erfolgversprechende Projekte zu konzentrieren oder die Effizienz in zentralen Funktionen zu verbessern. Zu einem möglichen Stellenabbau äusserte er sich nicht: «Wir werden mögliche Auswirkungen auf die Mitarbeiter in den nächsten Tagen und Wochen kommunizieren.»

Autogeschäft wächst weniger stark

Infineon hatte erst im Februar seine Prognose gekappt. Dass es nun nochmal 900 Millionen Euro Umsatz weniger sein sollen, sei zur Hälfte auf das schwächere Autogeschäft zurückzuführen, sagte Hanebeck. Die Sparte wachse zwar weiterhin, aber nicht so stark wie eigentlich erwartet. Dabei spielt die Flaute bei Elektroautos in Europa und den USA eine Rolle. Batteriebetriebene Fahrzeuge benötigen deutlich mehr Leistungshalbleiter als Benziner oder Dieselfahrzeuge. Hanebeck sagte, er rechne aber ab 2025 wieder mit einem stärkeren Wachstum, weil dann schärfere CO2-Flottengrenzen für die Autobauer gelten, die nur durch höhere Verkäufe von Elektroautos eingehalten werden können. In China sei das Wachstum bei Elektroautos dagegen schon jetzt sehr stark. «Wir sind zuversichtlich, dass wir das Autogeschäft in China in den kommenden Jahren weiter ausbauen können.»

Ein Sorgenkind der Münchner bleibt die Sparte Power & Sensor Systems (PSS), die im zweiten Quartal das sechste Mal in Folge ein Umsatzminus verzeichnete. «Das Positive ist, die Talsohle ist erreicht», sagte Hanebeck. Weil die Lagerbestände bei den Kunden aber immer noch hoch sind, werde die Erholung langsamer ausfallen als erwartet.

Im zweiten Quartal ging der Umsatz verglichen mit dem Vorquartal leicht auf 3,6 Milliarden Euro zurück. Abwärts ging es insbesondere in den Bereichen Green Industrial Power (GIP) und Power & Sensor Systems (PSS), während das Autogeschäft stabil blieb. Das Segmentergebnis schrumpfte um 15 Prozent auf 707 Millionen Euro, was einer Marge von 19,5 Prozent entspricht.

(Reuters)