Das Konjunkturbarometer für das zweite Quartal rutschte auf 91 Zähler ab, nachdem es im April noch über der 100-Punkte-Marke gelegen hatte, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin zu seinem Indikator mitteilte. "Der Rückgang der Wirtschaftsleistung im Winter ist stärker ausgefallen als erwartet wurde. Und auch die Erholung wird wohl zaghafter sein als zuvor angenommen," sagte der Co-Leiter des DIW-Konjunkturteams, Timm Bönke.

Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal um 0,3 Prozent geschrumpft, nachdem es Ende 2022 sogar um 0,5 Prozent gesunken war. Dazu trug die Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei, die unter Reallohneinbussen leiden. "Die hartnäckig hohe Inflation und die Zinsanhebungen dämpfen Kaufkraft und Kreditvergabe", sagte die Co-Leiterin des DIW-Konjunkturteams, Geraldine Dany-Knedlik, mit Blick auf das Frühjahr. "Und auch aus dem Ausland kamen zuletzt nicht die erhofften Impulse."

Die deutsche Industrie schlug sich zwar dank der Entspannung der Lieferketten und des hohen Auftragsbestands ganz gut. Die Aussichten bewertet das DIW allerdings zurückhaltend, da das Neugeschäft zuletzt wieder sank. "Die starken Zinserhöhungen und die hinkende Weltkonjunktur bremsen die Aktivitäten der deutschen Industrie", warnte DIW-Konjunkturexpertin Laura Pagenhardt. "Viele Unternehmen sind verunsichert und beschränken sich momentan eher darauf, ihre Geschäftstätigkeit in bisherigem Umfang aufrechtzuerhalten statt sie auszuweiten." Im aktuellen Umfeld sei kaum mit einer raschen Veränderung der Lage zu rechnen.

Auch bei den Dienstleistungen bleibt die Lage demnach angespannt. Die beharrlich starken Preisanstiege minderten die Kaufkraft der Haushalte weiterhin massiv und hemmten den Konsum. Die Lohnanhebungen konnten bislang kaum mit der Inflation mithalten. "Die deutsche Wirtschaft findet vorerst nicht aus der Talsohle heraus", sagte DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. "Sie hat zwar bislang die Energiepreiskrise erstaunlich gut überstanden, aber eine kräftige Erholung ist leider nicht in Sicht."

(Reuters)