Eine Notfall-Zinssenkung durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) wäre laut den Ökonomen der UBS «sicherlich nicht ungewöhnlich» - dies angesichts des aktuellen Umfelds, das durch bereits niedrige Inflation, sich verschlechternde Wachstumsaussichten und eine schnelle Aufwertung des Frankens gekennzeichnet sei.

Schon früher habe die SNB ausserhalb der regulären Sitzungen, die quartalsweise stattfinden, den Leitzins gesenkt. Eine rasche Aufwertung des Schweizer Frankens, insbesondere gegenüber dem Euro, habe häufig solche speziellen Zinssenkungen ausgelöst, wenn auch nicht immer.

Zurzeit wertet der Franken zügig auf. So kostet ein Dollar am Donnerstagnachmittag noch 83,29 Rappen, nachdem er Ende März noch über 88 Rappen wert war. Zum Euro hat der Franken im gleichen Zeitraum von über 95,60 auf noch 92,92 am Donnerstagnachmittag angezogen.

Eine Notfall-Zinssenkung erachtet die UBS in einem Report vom Donnerstagnachmittag als die aggressivste Option. Derweil sehen die Ökonomen der Grossbank eine Leitzinsreduktion um 25 Basispunkte auf 0 Prozent, sollte der Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken in den kommenden Wochen nicht nachlassen und die Inflation in den negativen Bereich abrutschen.

Das Basisszenario der UBS geht jedoch von einer Deeskalation der Handelskonflikte und einer Reduktion der US-Importzölle aus. So würde die europäische Gemeinschaftswährung bis im Juni wieder auf 95 Rappen erstarken. Das würde eine Zinssenkung durch die SNB weniger notwendig machen.

Devisenmarktinternationen erlauben es der SNB zwar, flexibel einem vorübergehenden Aufwertungsdruck auf Schweizer Franken zu begegnen.

Die UBS-Ökonomen nennen aber mehrere Gründe, die eher gegen Devisenmarktinterventionen sprechen. So habe die SNB wiederholt gesagt, sie bevorzuge Zinssenkungen gegenüber Eingriffen in den Devisenmarkt, solange der Leitzins über null liege. «Da der Leitzins derzeit bei 0,25 Prozent liegt, könnte es noch zu früh für den Kauf von Fremdwährungen sein», so die UBS.

Zudem: Die US-Regierung könnte eine Währungsmanipulation orten, was die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten über die Zölle erschweren würde. Solche Verhandlungen sind angedacht. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hat, wie sie schreibt, mit dem amerikanischen Präsidenten telefoniert. Man sei «übereingekommen, die Gespräche im Interesse beider Länder fortzusetzen».

Schon 2020 stuften die USA die Schweiz als Währungsmanipulatorin ein. Dies, da sie drei Kriterien erfülle, die eine solche Einstufung rechtfertige: Warenhandel, Leistungsbilanz und Devisenmarktinterventionen der Notenbank. 

Die SNB musste sich erst kürzlich in dieser Sache verteidigen. «Die Schweiz ist kein Währungsmanipulator», sagte Martin Schlegel, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, am 20. März auf der Pressekonferenz zum Zinsentscheid der Zentralbank. Die SNB habe in der Vergangenheit Eingriffe am Devisenmarkt nicht eingesetzt, um der Schweizer Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Und sie werde das Instrument wenn nötig wieder einsetzen, um die Geldpolitik zu steuern.

Reto Zanettin
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