Ende Jahr forderte der Milliardär und Grossinvestor Daniel Loeb den Intel-Chef Omar Ishrak zum Handeln auf: Intel solle umgehend alle möglichen Optionen für strategische Alternativen prüfen. Das Wort hat Gewicht, besitzt der von Loeb gegründete und geführte Hedgefonds Third Point immerhin einen Anteil von einer Milliarde Dollar an Intel.
Als grösstes Problem nannte Loeb die Abwanderung des Humankapitals. Zu viele Chip-Designer hätten, demoralisiert vom Status Quo, Intel verlassen. Loeb glaubt zudem, dass eine Abspaltung des Chip-Designs von der Chip-Herstellung zu einer Verbesserung und zu neuen Partnerschaften führen könnte.
Diese Impulse von aussen sind dringend notwendig, haben die Intel-Aktien im Coronajahr 2020 doch 15 Prozent an Wert eingebüsst - Der Halbleiter-ETF (Exchange Traded Fund) "VanEck Vectors Semiconductor ETF" weist für 2020 ein Kursplus von über 53 Prozent auf.
Im Gegensatz zum Gesamtmarkt haben die Intel-Aktien den Jahrestiefststand nicht im März, sondern erst Anfang November erreicht. Seitdem zeigen die Wertpapiere eine Aufwärtstendenz.
Performance der Intel-Aktien im Jahr 2020 (Quelle: cash.ch).
Loebs Aufforderung an die Chefetage hat den Anlegern aus der Seele gesprochen. Die Aktie gewann deswegen in der letzten Woche des Börsenjahres 2020 insgesamt 6 Prozent an Wert. Und am ersten Handelstag hat der Titel mit einem Minus von 0,3 Prozent eine bessere Performance als der Gesamtmarkt gezeigt.
Doch reicht der Mahnfinger und die Aufforderung eines Grossinvestors, um den Halbleiter-Koloss auf die Erfolgsspur zurückzubringen und die Aktien nachhaltig auf ein höheres Niveau zu heben?
Technischer Rückstand und Umsatzschwund
Die Baustellen sind augenfällig: Intel war früher eindeutig Weltklasse, heute sieht sich der US-Konzern mit einem technischen Niedergang konfrontiert. So hat der taiwanische Konzern TSMC Intel in der Chipproduktion inzwischen den Rang abgelaufen und setzt die Standards für die Chipproduktion.
Die von Bloomberg befragten Analysten sind sich über die Bewertung zwar uneins. Dreizehn "Buys", stehen 20 "Holds" und elf "Sells" gegenüber. Und das durchschnittliche Kursziel beträgt 53 Dollar, was ein Aufwärtspotenzial von 7 Prozent entspricht. Doch überwiegen in jüngster Zeit die negativen Einschätzungen.
Omar Ishrak als Hindernis
Neue Impulse sind gefragt, um den schleichenden Niedergang des ehemaligen Platzhirsches zu stoppen. Von vielen gewünscht ist sicher ein neues Gesicht in der Chefetage. Intel-Chef Omar Ishrak ist angezählt und scheint nicht die notwendige Weitsicht für eine Neuausrichtung zu haben. Vielleicht könnte die von Michael Loeb geforderte Fokussierung auf das Chipdesign unter einem neuen Chef ein Ausweg darstellen.
Denn um TSMC in der Produktionstechnologie die Stirn zu bieten, müsste der Abgang von hochqualifizierten, aber frustrierten Mitarbeitern gestoppt werden. Ein Erfolg wäre aber wegen des Rückstandes dennoch nicht garantiert. Falls nichts geschieht, droht das Schicksal, das schon vielen einst dominanten und technologisch führenden Konzernen zugekommen ist. So fiel der US-Kamarahersteller Eastman Kodak mangels Innovation dem harten Wettbewerb zum Opfer.
Obwohl Intel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,7 als attraktiv erscheint, sollten Anleger vor einem Einstieg auf den nächsten strategischen Schritt des Halbleiter-Riesen warten.