Am Dienstag verkündete die Bundesnetzagentur in Deutschland eine gute Nachricht: "Der Gesamtspeicherstand in Deutschland liegt bei 100 Prozent." Damit könnte Deutschland für neun bis zehn Wochen versorgen werden, wenn man nur Gas aus den Speichern verwenden würde - was wegen fortlaufender neuer Lieferungen nicht wahrscheinlich ist. Gleichzeitig wurde der Füllstand des grössten deutschen Speichers in Rheden mit nur 94,75 Prozent angegeben. Wie passt das zusammen?
WANN SIND DIE 100 PROZENT ERREICHT?
"Das maximal mögliche Arbeitsgasvolumen (100 Prozent) eines Speichers ist definiert für die Befüllung mit einem Gas mittleren Energiegehalts bis zu einem technisch bestimmten Maximaldruck", erklärt das Wirtschaftsministerium. Das Arbeitsgasvolumen geben die Betreiber selbst an. In den vergangenen Tagen waren dieses in Terrawattstunden gerechnete Volumen in immer mehr deutschen Speichern voll erreicht worden.
WIE WIRD DIE 100 PROZENT ERRECHNET?
Deutschland verfügt über unterschiedlich grosse und kleine Gasspeicher. Nach Angaben der Netzagentur werden die Arbeitsgasvolumen zusammengerechnet und mit der tatsächlich Füllmenge verglichen. Ist diese Zahl identisch, sind die 100 Prozent erreicht.
KÖNNEN GASSPEICHER MIT MEHR ALS 100 PROZENT GEFÜLLT SEIN?
Ja, sagt dazu die Netzagentur. Denn das von den Betreibern der Speicher angegebene Arbeitsgasvolumen entspricht nicht der Menge an Gas, die viele Speicher physikalisch und mit höherem Druck tatsächlich aufnehmen können. Auch wenn der Speicher mit einem energiereicheren Gas vollständig gefüllt wird, ergibt sich nach Angaben des Wirtschaftsministeriums rechnerisch ein Füllstand von mehr als 100 Prozent. Diese Abweichung ist gering, sie beträgt demnach etwa ein bis zwei Prozent.
Ähnliche Abweichungen können sich auch aus Schwankungen der Umgebungstemperatur ergeben: Ein im Winter vollständig gefüllter Speicher enthält physikalisch mehr Gas als ein im Sommer bei höherer Temperatur vollständig gefüllter Speicher, so das Ministerium.
Ein Beispiel: Die Betreiber der europäische Gasspeicher (GIE) geben den Füllstand des EWE Gasspeichers mit 100 Prozent an. Denn das Arbeitsgasvolumen ist dort mit 18,28 Terrawatt-Stunden erreicht. Am Montag betrug die tatsächliche Füllung aber 19,65 Terrawattstunden - das sind umgerechnet 107,7 Prozent.
GIBT DIE NETZAGENTUR KÜNFTIG WERTE ÜBER 100 PROZENT AN?
Nein, lautet die klare Antwort der Netzagentur. Man orientiere sich weiter an den GIE-Zahlen - und diese geben immer nur an, inwieweit die Arbeitsgasvolumen erreicht wurden. Nur dieser Füllstand zählt auch für die Frage, ob die Speicherbetreiber die gesetzlichen Vorgaben erreichen. Zum 1. Februar müssen die Speicher etwa noch zu mindestens 40 Prozent gefüllt sein.
(Reuters)