Seit April 2020 befinden sich die Aktien von Aryzta in einem übergeordneten Aufwärtstrend. Allein im laufenden Jahr gewinnt der Titel 32 Prozent - knapp eine Verfünffachung seit dem Coronatief. Da macht es nichts, dass Aryzta seit Mai an der Börse eine Pause eingelegt hat.

Der wichtigste Faktor für die Erfolgsgeschichte an der Börse ist die konsequente Umsetzung der Restrukturierung des Unternehmens, seit Interim CEO URs Jordi im November 2020 die Führung übernommen hat. «Das Unternehmen hat sich seither komplett gewandelt mit einer stärkeren geografischen und strategischen Fokussierung. Teile wurden verkauft, Innovation und die Beziehung zu Kunden verstärkt, und die operationelle Effizienz erhöht», sagt Pascal Boll, Analyst beim US-Finanzdienstleister Stifel.

Das Unternehmen, das unter anderem für seine Hiestand-Gipfeli bekannt ist oder die McDonald's-Brötchen herstellt, erzielte in der Berichtsperiode von Februar bis April einen Umsatz von knapp 534 Millionen Euro. Das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Organisch, also ohne die negativen Währungseffekte von 0,7 Prozent, betrug das Wachstum 23,7 Prozent, wie Aryzta Ende Mai bekannt gab. Damit hat das Unternehmen zum sechsten Quartal in Folge zweistellig zugelegt. Die Zahlen zum Gesamtjahr werden am 2. Oktober veröffentlicht.

«Ein eindrückliches operatives Momentum mit zuletzt 3 Prozent Volumenwachstum im dritten Quartal, trotz 20 Prozent Preiserhöhungen und in einer Zeit wo alle anderen Lebensmittelhersteller mit sinkenden Volume kämpfen, sind die Ernte der vollzogenen Massnahmen», sagt Boll gegenüber cash.ch. Geblieben ist eine immer noch überdurchschnittliche Verschuldung. Aber auch diese hat sich über die letzten drei Jahre merklich verringert und sollte laut dem Stifel-Analysten weiter sinken dank einem soliden operativ erwirtschafteten Cashflow.

Ist die Aktie teuer bewertet?

Trotzdem erscheint die Aktie vielen wegen dem hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 32 teuer. Die Aktie sei je nach betrachtetem Multiple teuer - wie im Falle des KGV - oder günstig - EV/EBITDA - im Vergleich zum Sektor, so Boll. Dies sei auf die Zinslast der hybriden Finanzinstrumente zurückzuführen. «Da ich aber davon ausgehe, dass der solide cash flow über die nächsten zwei Jahre zu einer weiteren Redukition der Verschuldung (ND/EBITDA von 2.5x in 2025) führen wird und damit die hybriden Instrumente teilweise zurückbezahlt oder refinanziert werden können, erachte ich die EV/EBITDA als aussagekräftiger.»

Der operativ erwirtschaftete Cashflow wird wohl die Schuldenlast auf ein solides und branchenübliches Niveau reduzieren. Die erhöhten Zinsen sind natürlich eine zusätzliche Hürde, um die Verschuldung zu verringern. Dennoch ist es entscheidender, ob das Unternehmen weiter das operative Momentum hochhalten kann, um damit den Cashflow zu erhöhen, als dass sich die Zinskosten um einen einstelligen Millionenbetrag verändern.

Boll, der die Aktie mit einem Kursziel von 2 Franken und einem «Buy»-Rating versehen hat, ist mit seiner positiven Sichtweise nicht allein: Die von Bloomberg befragten Analysten sehen den Titel im Schnitt um 32 Prozent höher, wobei fairerweise nur vier Stimmen dabei berücksichtigt worden sind.

Chancen überwiegen wohl

«Die grössten Chancen sind, dass das Unternehmen weiter sich verbessern kann, Kunden zusätzliche innovative Produkte verkaufen und intern weiter die Effizienz steigern kann», argumentiert Boll. Das Unternehmen habe nach einer Dekade von Skalennachteilen noch erhebliches Potenzial, um von positiven Skaleneffekten zu profitieren. 

Ausserdem hat sich die Marktlage mit gestiegenen Finanzierungskosten, sowie erhöhter Volatilität in den Inputkosten zu Gunsten von Aryzta verändert. Die Grösse und die professionalisierte Lieferkette sollte der Firma einen Wettbewerbsvorteil geben gegenüber vielen kleineren, lokalen Anbieter, für die es nun schwieriger wurde profitabel zu arbeiten. 

Das grösste Risiko bei einem Investment in Aryzta sind Gegenwinde bei der Preisgestaltung aufgrund von Druck der Kundenseite oder Verlust eines Grosskunden. Das Marktumfeld bleibt trotz jüngster Erfolgsgeschichte anspruchsvoll und die Input-Kosten auf einem erhöhten Niveau. Die Chancen bei Aryzta überwiegen trotzdem wohl, gewinnt das Unternehmen mit jedem Quartal mehr Vertrauen am Markt.

ManuelBoeck
Manuel BoeckMehr erfahren