«51 Prozent der Amerikaner glauben, dass ein korrupter alter Mann ihr Leben verbessern wird? Ich bin überzeugt, dass das nicht eintreffen wird.» Diese Äusserungen in der «Financial Times» («FT») nach den US-Präsidentschaftswahlen sind noch kein Jahr alt. Und sie stammen von Roche-Vizepräsident André Hoffmann, Vertreter der Besitzerfamilie im Verwaltungsrat des Pharmakonzerns. 

Die Wahl Trumps sei ein K.O.-Schlag für ihn gewesen, so Hoffmann in der «FT» Mitte Januar weiter. Er habe mehrere Tage gebraucht, um sich wieder aufzurappeln, so der Urenkel von Fritz Hoffmann-La Roche.

Hätte Hoffmann diese Aussagen getätigt, wenn er gewusst hätte, dass er dem «korrupten alten Mann» jemals über den Weg laufen würde? Ihn womöglich gar an einem hochkarätigen Anlass offiziell begrüssen müsste? 

Zu diesem Szenario kann es durchaus kommen. Denn Trump soll sich laut diversen Medienberichten vom Mittwoch gleich selbst für das World Economic Forum (WEF) im nächsten Januar eingeladen haben. Und ausgerechnet Hoffmann ist nach den vielen Wirren um das World Economic Forum (WEF) und nach der Absetzung des WEF-Übervaters Klaus Schwab interimistischer Co-Leiter des Davoser Wirtschaftstreffens geworden.

Hoffmann übernimmt - geht es nach den herkömmlichen Mustern am WEF - also Aufgaben von Schwab. Und dazu gehörte immer auch die offizielle Begrüssung von Stargästen unter den WEF-Teilnehmern. Eine wohl eher unangenehme und unheimliche Vorstellung für Hoffmann - wie wohl auch für Trump.

Aber es gibt Alternativen: Möglicherweise übernimmt diese Aufgabe Blackrock-Chef Larry Fink, mit dem Hoffmann die interimistische Leitung des WEF teilt. Doch auch Fink ist nicht unbedingt ein Trump-Sympathisant. Politisch gilt er als der Demokratischen Partei nahe stehend.

Doch wie viele andere mächtige Wirtschaftsführer hat auch Fink ein Trump-«Appeasement» hinter sich. Fink wurde im jährlichen Aktionärsbrief («Chairman's Letter to Investors») von Blackrock und nach der Wahl Trumps auffällig globalisierungskritisch. Und statt der Proklamierung von ESG und Blackrock-Initiativen zugunsten von Diversität oder Gleichberechtigung folgte im März der Kauf von zwei wichtigen Häfen am Panamakanal. Ganz im Sinn von Trump, dessen Expansionsstrategie die Rückholung des Kanals umfasst.

Die Begrüssungszeremonie mit Trump könnte auch WEF-CEO Borge Brende übernehmen. Der Norweger übernahm solche Jobs in Davos in den letzten Jahren immer häufiger, doch die grossen «Nummern» blieben Schwab überlassen. Zudem wirkt Brende auf der Bühne wenig charismatisch und spröde. Daher kann man davon ausgehen, dass Fink die Trump-Betreuung übernehmen wird - vorausgesetzt, man findet noch eine andere Lösung.

Man darf übrigens davon ausgehen, dass die Äusserungen von Roche-Erbe Hoffmann zu Trump innerhalb des Basler Pharmakonzerns durchaus kontrovers aufgenommen wurden. Auf die Frage von cash.ch an der Roche-Jahresmedienkonferenz im Januar, ob es Reaktionen auf Hoffmanns Interview aus den USA gegeben habe und ob negative Konsequenzen für das Geschäft von Roche in den USA zu erwarten seien, antwortete Roche-CEO Thomas Schinecker äusserst kurz angebunden: «Nein und Nein». Kein weiterer Kommentar.

Daniel Hügli
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