«51 Prozent der Amerikaner glauben, dass ein korrupter alter Mann ihr Leben verbessern wird? Ich bin überzeugt, dass das nicht eintreffen wird.» Diese Äusserungen in der «Financial Times» («FT») nach den US-Präsidentschaftswahlen sind noch kein Jahr alt. Und sie stammen von Roche-Vizepräsident André Hoffmann, Vertreter der Besitzerfamilie im Verwaltungsrat des Pharmakonzerns. 

Die Wahl Trumps sei ein K.O.-Schlag für ihn gewesen, so Hoffmann in der «FT» Mitte Januar weiter. Er habe mehrere Tage gebraucht, um sich wieder aufzurappeln, so der Urenkel von Fritz Hoffmann-La Roche.

Hätte Hoffmann diese Aussagen getätigt, wenn er gewusst hätte, dass er dem «korrupten alten Mann» jemals über den Weg laufen würde? Ihn womöglich gar an einem hochkarätigen Anlass offiziell begrüssen müsste? 

Dieses Szenario kann durchaus Realität werden. Denn Trump soll sich laut diversen Medienberichten gleich selbst für das World Economic Forum (WEF) im nächsten Januar eingeladen haben. Und ausgerechnet Trump-Kritiker André Hoffmann ist nach den vielen Wirren um das World Economic Forum (WEF) und nach der Absetzung des WEF-Übervaters Klaus Schwab im August interimistischer Co-Leiter des Davoser Wirtschaftstreffens geworden.

Hoffmann übernimmt - geht es nach den herkömmlichen Mustern am WEF - also Aufgaben von Schwab. Und dazu gehörte immer auch die offizielle Begrüssung von Stargästen unter den WEF-Teilnehmern. Hoffman und Trump auf gemeinsamer Bühne am WEF 2026 in Davos? Eine eher unheimliche Vorstellung für Hoffmann - wie wohl auch für Trump.

Es gibt eine Alternative: Möglicherweise übernimmt die Aufgabe Blackrock-Chef Larry Fink, mit dem Hoffmann die interimistische Leitung des WEF teilt. Doch auch Fink ist nicht unbedingt ein Trump-Sympathisant. Politisch gilt er als der Demokratischen Partei nahe stehend - oder galt.

Denn wie viele andere mächtige Wirtschaftsführer hat auch Fink ein auffälliges Trump-«Appeasement» hinter sich. Fink wurde im jährlichen Aktionärsbrief («Chairman's Letter to Investors») von Blackrock nach der Wahl Trumps plötzlich globalisierungskritisch. Und statt der Proklamierung von Klimazielen und Initiativen zugunsten von Diversität oder Gleichberechtigung, wie üblich bei Blackrock in den letzten Jahren, erfolgte im März plötzlich der Kauf von zwei wichtigen Häfen am Panamakanal. Ganz im Sinn von Trump, dessen Expansionsstrategie die «Rückholung» des Kanals umfasst.

«Deus ex Machina» - also Löser des Problems - könnte in Davos WEF-CEO Borge Brende spielen. Der Norweger besetzte die öffentlichen Welcome-Jobs in Davos in den letzten Jahren immer häufiger - wobei die grossen «Nummern» immer Schwab vorenthalten blieben. Zudem wirkt Brende auf der Bühne wenig charismatisch und spröde - ein wohl zu krasser Gegenpart zu Trump. Daher wird wohl eher Fink die Trump-Betreuung übernehmen - vorausgesetzt, man findet noch eine andere Lösung.

Die Äusserungen von Roche-Erbe André Hoffmann zu Trump vom Januar sind innerhalb des Basler Pharmakonzerns übrigens durchaus kontrovers aufgenommen worden, wie man hört. Ganz offensichtlich war das Thema dem Konzern auch etwas unangenehm. Auf die Frage von cash.ch an der Roche-Jahresmedienkonferenz im Januar, ob es Reaktionen auf Hoffmanns Interview aus den USA gegeben habe - und ob auch negative Konsequenzen für das Geschäft von Roche in den USA zu erwarten seien, antwortete Roche-CEO Thomas Schinecker äusserst kurz angebunden und schmallippig: «Nein und Nein».

Es war eine der kürzesten Antworten eines Schweizer Firmenchefs an Medienkonferenzen in diesem Jahr.

Daniel Hügli
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