Die EZB schliesst aus Sicht von Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel eine kräftige Zinserhöhung nicht aus. "Datenabhängigkeit bedeutet, dass 50 Basispunkte nicht vom Tisch sind", sagte Schnabel in einem Montag veröffentlichten Interview dem Magazin "Politico". Bislang habe sich die Kerninflation, die die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, weiter nach oben bewegt. "Ich denke, es ist recht wahrscheinlich, dass die Kerninflation in den kommenden Monaten ihren Höhepunkt erreichen wird, aber es ist nicht klar, dass das sehr schnell geschehen wird," sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die Gesamtinflation in der Euro-Zone war zwar im März auf 6,9 Prozent zurückgegangen von 8,5 Prozent im Februar. Damit lag sie aber immer noch mehr als drei Mal so hoch wie das EZB-Ziel von zwei Prozent. Die Kerninflation war im März sogar auf 5,7 Prozent gestiegen nach 5,6 Prozent im Februar - der inzwischen der vierte Anstieg in Folge. Den Währungshütern bereitete das Sorgen. Denn das könnte anzeigen, dass die Phase sehr hoher Inflationsraten womöglich noch länger anhalten wird als bisher erwartet.

"Es ist klar, dass weitere Zinserhöhungen erforderlich sind, aber die Höhe der Zinserhöhungen wird von den eingehenden Daten abhängen", sagte Schnabel dem Magazin. Im März hatte die EZB die Zinsen um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Die nächste Zinssitzung ist am 4. Mai. Was den weiteren Pfad betrifft, neigen Insidern zufolge immer mehr Währungshüter zu einem kleineren Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte am 4. Mai.

Aus Sicht von Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau zeichnet sich ein Kurswechel bei den Zinserhöhungen ab. "Der grösste Teil der künftigen Auswirkungen auf die Wirtschaft ist auf das zurückzuführen, was bereits in der Pipeline ist, also haben wir den größten Teil des Weges zurückgelegt," sagte Villeroy der französischen Zeitung "Le Figaro" in einem am Montag veröffentlichten Interview. "Es könnten noch ein paar Anhebungen nötig sein, aber nach meiner Meinung sollten sie zahlenmäßig und jetzt auch im Umfang begrenzt sein", sagte das EZB-Ratsmitglied.

Villeroys EZB-Ratskollege aus Irland, Gabriel Makhlouf, hält es allerdings noch für zu früh, um eine Zinspause einzulegen. Die EZB werde sich bei ihrer Entscheidung am 4. Mai besonders auf eingehende Daten konzentrieren, sagte Makhlouf in einem am Montag veröffentlichten Blog-Beitrag. "Aber nach den bisherigen Erkenntnissen ist es zu früh, um mit der Planung einer Pause bei unserer Straffung der Geldpolitik zu beginnen."

Die EZB hat seit der Zinswende im Juli 2022 die Schlüsselsätze bereits sechs Mal in Folge angehoben. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, liegt inzwischen bei 3,00 Prozent.

(Reuters)