Geldhäuser in den 20 Ländern der Währungsunion reichten im April 4,6 Prozent mehr Darlehen an Unternehmen aus als vor Jahresfrist, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Im März hatte das Wachstum noch bei 5,2 Prozent gelegen, im Februar bei 5,7 Prozent. Auch die Kreditvergabe der Banken an die Privathaushalte wächst nicht mehr so dynamisch. Die Finanzinstitute vergaben an die Haushalte im April 2,5 Prozent mehr Darlehen als ein Jahr zuvor. Im März hatte das Plus noch bei 2,9 Prozent gelegen nach 3,2 Prozent im Februar.
Die Daten zeigen Volkswirten zufolge, dass die Zinserhöhungen der Euro-Notenbank im Kampf gegen die Inflation in der Wirtschaft ankommen. "Für die EZB liefert dies mehr Beweise, dass die geldpolitische Straffung wirkt", meint etwa Bert Colijn, Volkswirt bei der niederländischen Grossbank ING. Aus seiner Sicht könnten die Daten Vertretern einer lockeren Geldpolitik ein stärkeres Argument dafür liefern, eine Beendigung der Zinsanhebungen in diesem Sommer einzufordern. Für die kommenden Monate seien die Konjunkturaussichten gedämpft, da eine schwache Kreditvergabe die Wirtschaftsaktivitäten bremsen werde.
Die EZB hat seit Juli 2022 die Schlüsselzinsen bereits sieben Mal in Folge angehoben - zuletzt im Mai um 0,25 Prozentpunkte. Und diese jüngste Zinsanhebung dürfte mehreren Währungshütern zufolge nicht die letzte gewesen sein. Irlands Notenbankchef Gabriel Makhlouf hielt im Gespräch mit Reuters zuletzt zwei weitere Zinsschritte im Juni und im Juli für wahrscheinlich. Aktuell liegt der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank bekommen, bei 3,25 Prozent.
Die Geldmenge M3 nahm im April laut EZB um 1,9 Prozent zu. Von Reuters befragte Volkswirte hatten einen Zuwachs von 2,1 Prozent erwartet. Im März hatte das Wachstum noch bei 2,5 Prozent gelegen. Die Messgrösse M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Experten zufolge können Änderungen in der Geldmenge Hinweise darauf geben, wie sich die Inflation künftig entwickeln wird. Der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Teuerung gilt aber mittlerweile als sehr komplex.
(Reuters)