Die Berg-und Talfahrt von Bitcoin geht ungebremst weiter: Die Kryptowährung rutschte am Dienstag auf gut 36'000 Dollar, hat aber schon am Mittwoch erneut die Marke von 40'000 Dollar geknackt. Dies, obwohl der Onlinegigant Amazon einem Medienbericht widersprach, wonach der Händler Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren würde.

Mit dieser Spekulation hatte nicht ein Influencer wie Elon Musk für einen Kursanstieg gesorgt, sondern ein Unternehmen wie Amazon.

Das ist relativ neu in Bezug auf die Einflussfaktoren der Kryptowährung. Dennoch, die Rallye des Bitcoin wird eben nicht nur von allerlei Gerüchten beeinflusst, sondern auch von anderen Treibern, die nicht immer offensichtlich sind:

Influencer

Der bekannteste Influencer in Sachen Kryptowährungen ist und bleibt Elon Musk. Seine Tweets lösen häufig Kauf- oder Verkaufreaktionen aus. Der Tesla-Chef hatte erst vergangene Woche gesagt, dass Tesla Bitcoin wahrscheinlich wieder als Zahlungsmittel akzeptieren würde. Im März hatte er die Kryptowährung zeitweise für den Kauf der Autos angenommen. Im Mai verabschiedete sich Musk wieder von der Idee mit der Begründung, der Bitcoin belaste die Umwelt zu sehr.

Doch Musk beeinflusst nicht nur den Bitcoin-Kurs, sondern auch andere Kryptowährungen wie den Dogecoin. Diesem verhalf er vor einigen Monaten zu einem wahren Boom und trug dazu bei, dass die Währung zeitweise zu den meisten kapitalisierten gehörte. Erst vor zwei Tagen postete er auf Twitter wieder Memes zu Dogecoin.

Doch Musk ist nicht der einzige Krypto-Influencer. Auch etwa Ethereum-Mitgründer Vitalik Buterin oder Bittorrent-Mitgründer Justin Lee üben einen grossen Einfluss auf die Kryptogemeinde aus. Letzlich gibt es auch nüchterne Analystinnen wie etwa die in London ansässige Nicola Duke, deren Aussagen für die Kryptogemeinde Gewicht haben.

«Krypto-Wale»

Krypto-Wale haben nichts mit dem grössten Tier der Welt zu tun. So werden Einzelpersonen oder Institutionen bezeichnet, die eine grosse Menge an Bitcoins halten. Die englische Bezeichnung "Whales" gilt dabei für ein Bitcoin-Wallet, auf dem mindestens zehn Bitcoins verzeichnet sind. Das entspricht aktuell einem Wert von mehr als 360'000 Franken.

Etliche dieser Krypto-Grossanleger halten aber noch viel mehr als zehn Coins. Dann sind sie mächtig genug, den Bitcoin-Kurs zu beeinflussen. Das einfache Signal eines Wales kann eine grosse Wirkung auf den Preis einer Kryptowährung haben. Tatsächlich liegt einer der Gründe für die starke Volatilität des Bitcoins darin, dass vergleichsweise wenige Anteilseigner die Bitcoin-Anteile auf sich konzentrieren. 

Diese "Whales" vollziehen in der Regel extrem grosse Verkaufsorder, die zu einer grossen Volatilität führen können. Das löst oft eine Kettenreaktion aus und sorgt für einen Preisrutsch bei den Kryptowährungen. Die Währung wird erst dann wieder stabil, wenn die Wale ihre Verkaufsaufträge vom Markt nehmen oder genügend Panikverkäufe getätigt worden sind. Diese Taktik wird im Fachjargon auch "Sell Wall" genannt. Mit solchen Käufen und Verkäufen können die "Whales" den Markt manipulieren. Da der Kryptomarkt keinen Regulierungen unterstellt ist, können sie so frei schalten und walten. 

Es funktioniert aber auch umgekehrt: Die Wale kaufen eine hohe Menge an Coins, um den Preis einer Kryptowährung künstlich aufzublähen. Das zwingt die Bieter, den Preis ebenfalls zu erhöhen. Das hat aber vor allem einen Einfluss auf die KIeinanleger in der Kryptowelt, die dann in einen Fomo-Effekt (Fear of Missing Out) geraten und meist unüberlegt zukaufen. Das erhöht wiederum den Preis einer Kryptowährung, wovon die Wale profitieren. 

Regulierung durch Behörden

Die Entscheidungen von Behörden beeinflussen immer wieder Entwicklungen in der Kryptowelt und auch den Kurs von Bitcoin und Co. Zum Beispiel das Verbot der Handelsplattform Binance in mehreren Staaten in den vergangenen Wochen. Gründer Changpeng Zhao ist jetzt mit seiner Plattform nach Singapur umgezogen. Dort fühle er sich willkommen, liess er seine drei Millionen Twitter Follower wissen.

Ein wichtiger Faktor sind auch die Regulierer in China. Dort geht man in den letzten Monaten rigoros gegen Bitcoin-Miner vor. In einer Provinz nach der anderen ziehen sie den Mining-Farmen den Stecker. Ohne die chinesischen Miner, die zwei Drittel des Bitcoin-Mining leisten, hat die Kryptowährung einen schweren Stand. Die Miner suchen sich jetzt neue Orte - etwa den ehemaligen Sowjetstaat Kasachstan. 

Die Schweiz als Regulierer zeigt sich gegenüber Bitcoin und Co. zurzeit eher offen und versucht Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Handel mit "Digital Assets" vereinfachen soll. Diese Bedingungen führen auch dazu, dass sich im "Crypto Valley" bei Zug zahlreiche Blockchain-Unternehmen niedergelassen haben. Dort wurde Ethereum gegründet, und damit die Kryptowährung Ether ins Leben gerufen. Aber auch die aktuelle Nummer Fünf – mit einer Kapitalisierung von rund 35 Milliarden Dollar – kommt aus Zug: Cardano. 

Banken

Die Investmentbank Goldman Sachs hat vor einigen Wochen in einem Report geschrieben, dass Ethereum eine grosse Chance hätte, den Bitcoin als Leitwährung zu überrunden. Der Kurs von Ethereum zog danach deutlich an. Das hat gezeigt, dass sich Statements von Finanzinstituten eben auch auf den Kurs auswirken können - und zwar zunehmend. 

Seit Investmentbanken wie JP Morgan oder Goldman Sachs an Kryptogeldanlagen arbeiten, weil sie auch Anfragen von institutionellen Anlegern erhalten, sind viele hellhörig geworden. Die Banken waren bei den Krypto-Anhängern lange verpönt. Schliesslich war die Währung auch dazu gedacht, nach der Krise 2008 ein Gegenpol zum bestehenden Finanzsystem zu etablieren.

Trotzdem bleibt die Skepsis vorhanden: "Wir haben immer noch Probleme, den fundamentalen Wert einiger dieser Investitionsmöglichkeiten zu sehen", sagte UBS-Chef Ralph Hamers vor einigen Tagen gegenüber "Financial News". "Wir denken, dass Kryptowährungen eher ein Spekulationsobjekt sind, als eine Anlagemöglichkeit."

Dieser Beitrag erschien zuerst bei handelszeitung.ch mit dem Titel: «Die Treiber des Bitcoin-Kurses jenseits von Musk und Amazon»