Der Logistikkonzern Kühne+Nagel rechnet mit «erheblichen Verzögerungen» und richtet sich auf länger andauernde Schwierigkeiten ein. «Dies ist ein bedeutendes Ereignis, das es in dieser Grössenordnung seit den 1970er Jahren nicht mehr gegeben hat», erklärte Michael Aldwell, Leiter der weltweiten Seefracht bei Kühne+Nagel, auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Der Streik sei zwar seit einiger Zeit absehbar gewesen, der Streik werde aber trotzdem «mit ziemlicher Sicherheit zu erheblichen Verzögerungen führen».

Man arbeite mit Hochdruck an alternativen Routen für Frachtschiffe und erstelle Notfallpläne. Reagiert werde konkret etwa mit zusätzlichem Personal. Und auch wenn der Streik in absehbarer Zeit behoben werden könnte, für jeden Tag des Stillstands sei mit fünf bis sieben Tagen zu rechnen, um den Rückstand nach einer Wiedereröffnung der Terminals aufzuarbeiten.

Es bestehe zudem die Gefahr, dass sich durch den Streik an der Ost- und Golfküste der USA die Lage auch an anderen Häfen weltweit erschwert, falls die Situation länger andauere.

Bisher keine Einigung

Fünf Wochen vor der US-Präsidentenwahl droht der Hafenarbeiter-Streik, den amerikanischen Aussenhandel durcheinanderzubringen. Kurz nach Mitternacht (Ortszeit) legten am Dienstag Beschäftigte in vielen Häfen an der US-Ostküste die Arbeit nieder, wie unter anderem der US-Fernsehsender CNBC berichtete. Auch ein neues Arbeitgeber-Angebot mit einer Einkommenserhöhung von nahezu 50 Prozent konnte den Streik nicht abwenden.

Über die Ostküsten-Häfen wird rund die Hälfte des Containerumschlags im US-Aussenhandel abgewickelt. Der Streik Zehntausender Mitglieder der Gewerkschaft ILA könnte damit relativ schnell zu spüren sein - und mehrere Hundert Millionen Dollar pro Tag kosten. Auch das Weisse Haus hatte die Gewerkschaft International Longshoremen's Association (ILA) und die Arbeitgeber-Vertretung USMX gedrängt, zu einer Einigung zu kommen.

Die ILA-Mitglieder beladen und entladen Schiffe und sind für die Wartung der Hafentechnik zuständig. Die Gewerkschaft verweist auf die Milliardenprofite in der Container-Schifffahrt. Dem «Wall Street Journal» zufolge verlangte sie in den Verhandlungen ein Einkommensplus von 77 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren. Eine weitere zentrale Forderung sind Schutzmassnahmen gegen Automatisierung, die zu Jobverlusten führen könnte.

(AWP)