Polypeptide muss gerade einmal vier Wochen vor Beginn des neuen Geschäftsjahres erneut die Erwartungen dämpfen. Neuerdings geht der Pharmazulieferer aus Zug von einer operativen Marge (EBITDA) von rund 15 Prozent bei einem Jahresumsatz von um die 285 Millionen Euro aus. Analysten hatten zuletzt mit einem Jahresumsatz von 305 Millionen Euro und einer operativen Marge von 23 Prozent gerechnet.

Die jüngste Warnung macht das Unternehmen zum Wiederholungstäter, sah es sich doch bereits im Sommer dazu gezwungen, bei den diesjährigen Finanzzielen zurückzukrebsen. Damals wurde den Aktionärinnen und Aktionären noch ein Jahresumsatz von mindestens 309 Millionen Euro (zuvor 320 Millionen Euro) und eine operative Marge in Höhe von mindestens 22 Prozent (zuvor rund 30 Prozent) in Aussicht gestellt.

Wie aus den Handelsräumen hiesiger Banken zu hören ist, stellen die abermals tieferen Finanzziele die Aktienkurserholung der letzten zwei Wochen bei Polypeptide in Frage. Einmal mehr seien die Analysten gezwungen, den dicken Korrekturstift bei ihren Schätzungen anzusetzen, so heisst es weiter.

Das bleibt nicht ohne Folgen für die Aktienkursentwicklung. Zur Stunde sackt die Polypeptide-Aktie um gut 35 Prozent auf knapp 24 Franken ab. Das wiederum liegt unter den bisherigen Tiefstkursen vom September bei 26,32 Franken.

War Polypeptide noch gar nicht reif für einen Gang an die Börse?

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) zögert nicht lange und stuft die Aktie von "Marktgewichten" auf "Untergewichten" herunter. Ihres Erachtens wirft die erneute Gewinnwarnung angesichts des grundsätzlich stabilen Geschäftsumfelds einen sehr negativen Schatten auf die strategische Ausrichtung und auch auf das Management von Polypeptide. Da das Unternehmen erst seit April 2021 an der Börse kotiert ist, zerstöre eine solche Entwicklung viel Investorenvertrauen, zumal die Mittelfristziele nicht mehr explizit erwähnt würden.

Für die ZKB zählt der Ruf zu den wichtigsten Kernmerkmalen eines guten Pharmazulieferers. Deshalb stellt sie sich die Frage, ob sich die firmeneigenen Probleme nicht zum Nachteil von PolyPeptide, die nur wenige wichtige Kunden und Wettbewerber umfasst, herumsprechen. Sie setzt in diesem Titelsegment daher auf andere aktuell spannendere Investitionsmöglichkeiten.

Die erneute Warnung kommen sah die UBS. Sie sprach erst im September eine Verkaufsempfehlung mit einem 12-Monats-Kursziel von nur 26,50 Franken aus. Damals kostete die Aktie knapp 33 Franken. Allerdings erweisen sich nun selbst die Umsatz- und Gewinnschätzungen der grössten Schweizer Bank als noch zu optimistisch.

In Börsenkreisen werden Stimmen laut, wonach Polypeptide im April 2021 noch gar nicht reif für einen Gang an die Börse gewesen sei. Eine solche Abfolge von Ergebnisenttäuschungen und Zielreduktionen so kurz nach dem Börsendebüt, und das erst noch aufgrund firmenspezifischer Probleme, habe einen faden Beigeschmack.