"Airlines erhöhen die Frequenzen nach China nicht dramatisch", sagte Luftfahrtexperte Bertrand Grabowski von Aeon Investments am Montag auf einer Konferenz für Flugzeugfinanzierung des Fachblatts "Airfinance Journal" in Dublin. Auch Rob Morris, Berater von Ascend, einer Tochter des Flugdatenanbieters Cirium, mahnte zu Vorsicht. "China wird zurückkommen, aber vielleicht ein bisschen langsamer als wir erwarten", sagte er. Es werde auf die Rückkehr des Vertrauens der Kundschaft ankommen.

China hatte vor kurzem die Quarantänepflicht für ankommende Passagiere aufgehoben. Durch die Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest, das von 21. Januar bis 15. Februar dauert, schnellte die Passagierzahl innerhalb Chinas vergangene Woche rasch auf 63 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019. Das chinesische Unternehmen Avolon, global die zweitgrösste Leasingfirma für Flugzeuge, erwartet eine rasante Erholung in Asien dank Chinas Öffnung. Der weltweite Flugverkehr wird nach Prognose von Avolon deshalb schon im Juni das Vorkrisenniveau von 2019 erreichen, schneller als derzeit in der Branche vermutet.

Zu wenig Flugzeuge

Der Reise-Nachholbedarf nach fast drei Jahren Abschottung ist bei Privat- und Geschäftsreisenden gross. Doch Corona-Testauflagen in Europa und den USA für Reisende aus China, ein Mangel an einsatzfähigen Langstreckenfliegern und erforderliche neue Genehmigungen von Routen bremsen Experten zufolge den Wiederaufbau des Flugplans nach dem Einbruch in der Corona-Krise. Nach Daten von Cirium macht das Angebot an China-Flügen im Januar erst elf Prozent des Volumens von 2019 aus. Bis April seien 25 Prozent zu erwarten.

Es herrsche vorsichtiger Optimismus, sagte Marjan Riggi, Airline-Expertin der US-Ratingagentur Kroll Bond, am Rande der Konferenz in Dublin. "China ist der zweitgrösste Luftverkehrsmarkt der Welt", erklärte sie. Wenn die Öffnung gelinge, was angesichts steigender Corona-Infektionszahlen im Land aber unsicher sei, werde der Luftverkehr wachsen. "Das einzige, was nicht klar ist, ist, ob es genug Flugzeugangebot gibt, um die Nachfrage zu befriedigen."

Die Zahl der Langstreckenmaschinen, die nach zwei, drei Jahren Dauerparken am Boden aufgrund der Pandemie erst wieder fit gemacht werden müssen, sei begrenzt, hiess es von Cirium. Die Europäer dürften sich zunächst auf die starke Erholung des lukrativen Transatlantikverkehrs fokussieren. Ein Flaschenhals dabei seien die knappen Wartungskapazitäten, erklärte Fachmann Grabowski. Nach der langen Pause müssten die Flugzeuge besonders umfangreich technisch überprüft werden.

Mit einem Anteil von fünf bis sechs Prozent aller Langstreckenflüge von Europa war China vor der Pandemie ein wichtiger Markt für die europäischen Airlines. So flog die Lufthansa im Sommer 2019 noch fast 100 Mal pro Woche nach China und Hongkong. Vergangene Woche waren es noch immer erst 17 Flüge. Über das Hochfahren des Angebots sei noch nicht entschieden, erklärte die Lufthansa. Konkurrent Emirates kündigte am Montag ein schrittweises Aufstocken an. In dieser Woche nimmt der Golf-Carrier erstmals wieder zwei Passagierflüge nach Shanghai auf. Peking werde ab Mitte März täglich bedient.

Erschwerend hinzu kommen längere Wartezeiten auf neue Flugzeuge. Die Flugzeugbauer Airbus und Boeing und auch die Triebwerkshersteller hätten im vergangenen Jahr ihre Lieferzusagen nicht einhalten können, sagte Steven Udvar-Hazy, Chef des Flugzeugvermieters Air Lease Corp. "Ich glaube, das gilt auch für 2023".

(Reuters)