Die US-Notenbank hob den Leitzins am Mittwoch erneut um einen Dreiviertel-Prozentpunkt an - auf die neue Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. Von Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

THOMAS GITZEL; VP BANK GROUP:

"Es sollte nicht vergessen werden, dass das Tempo des aktuellen Zinsanhebungszyklus bereits schon jetzt höher ausfällt als die Straffungsperioden in den vergangenen vier Jahrzehnten. Gerade aufgrund dieser geldpolitischen Vehemenz nehmen die Risiken einer sehr harten Landung der US-Wirtschaft zu. Es ist deshalb verständlich, dass Fed-Chef Jerome Powell einen Schritt zurückrudert und nun kleinere Zinsschritte in Aussicht stellt. (...) Um aber nicht den Eindruck einer nun lockeren Handhabung der Inflationsentwicklung zu erwecken, machte Fed-Chef Jerome Powell auch deutlich, dass die Leitzinsen vermutlich über das Zinsniveau hinaus angehoben wird, das bislang aus den Projektionen der Fed abzulesen war. Das Motto lautet also: langsamer, aber dafür mehr. Das Leitzinshoch dürfte somit im Bereich der fünf Prozent - möglicherweise sogar leicht darüber – zu sehen sein."

BERND WEIDENSTEINER, COMMERZBANK:

"Die US-Notenbank ist weiter im Dreiviertel-Takt: Sie hat die Leitzinsen erwartungsgemäß um Dreiviertel-Prozentpunkte erhöht, der vierte große Zinsschritt in Folge. Darüberhinaus äußerte sich die Fed sehr nuanciert. Einerseits deutete sie für die nächsten Schritte ein langsameres Tempo an. Andererseits sei eine Zinspause kein Thema und es zeichne sich ein höheres Zielniveau für die Zinsen ab als noch bei der letzten Sitzung gedacht. Insgesamt decken sich diese Aussagen mit unserer Prognose, dass die Fed die Zinsen bei März 2023 um weitere 100 Basispunkte anhebt."

ELMAR VÖLKER, LBBW RESEARCH:

"Die Fed lieferte heute die erwartete zweigeteilte Botschaft: Einerseits geht es vorerst weiter mit Volldampf voraus im Kampf gegen die viel zu hohe Inflation. Der vierte Jumbo-Zinsschritt um 75 Basispunkte in Folge ist nicht zuletzt ein Tribut an die jüngsten Inflationsdaten, die vor allem eine weiter steigende Kernrate zeigten. Andererseits könnte die heutige Anhebung der letzte derart große Schritt gewesen sein, weil die Währungshüter zunehmend das Risiko einer überzogenen Straffung in den Blick nehmen. Für die kommenden Monate zeichnet sich damit eine Gratwanderung ab: Von der Inflationsseite ist keine schnelle Entspannung zu erwarten. Gleichzeitig weiß die Fed nicht genau, wie stark die bereits erfolgten Zinsanhebungen die Wirtschaft abbremsen und damit auch die Inflation einhegen werden. Sie muss jetzt gewissermaßen nach Erfahrung und 'Handwerkskunst' steuern – mit beträchtlichem Irrtumsrisiko. Nach den heutigen Signalen verfestigt sich zunächst die Aussicht, dass es im Dezember einen etwas 'kleineren' Zinsschritt um 50 Basispunkten geben wird – sofern die bis dahin noch anstehenden Inflationsdaten nicht erneut alle Erwartungen sprengen. Den Leitzinsgipfel erwarten wir bei fünf Prozent im ersten Quartal des kommenden Jahres."

BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK AG:

"Schlag auf Schlag erhöht die Fed die Leitzinsen kräftig. Noch ist die Inflationswelle nicht endgültig gebrochen, auch weil die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu angespannt ist. Der Zinserhöhungsjob der Fed ist deshalb noch nicht erledigt. Aller Voraussicht nach war das aber der letzte XXL-Zinsschritt für dieses Jahr. Es braucht Zeit, bis die beispiellose massive Straffung der Geldpolitik auf die Gesamtwirtschaft durchwirkt. Mit jedem weiteren Zinsschritt nehmen die Risiken aus einer zu starken Straffung zu. Ab Dezember wird die Fed deshalb eine Verringerung des Leitzinserhöhungstempos beschließen." 

(Reuters)