Worte wie «robust» und «akribisch» sind laut Wall-Street- Personalberatungsfirmen verräterische Anzeichen dafür, dass angehende Banker KI nutzen, um ihren Lebenslauf aufzupolieren. Auch überstrapazierte Ausdrücke wie «sich ständig weiterentwickelnd» sprechen dafür, ebenso Kandidaten, die darauf hinweisen, «eine wichtige Rolle bei der Gestaltung» von etwas gespielt zu haben.
Wie viele andere Bewerber verwenden auch junge Banker zunehmend Tools wie ChatGPT, um ihre Lebensläufe zu verfassen. Fehler, die sich dabei einschleichen, sind Warnsignale für potenzielle Arbeitgeber im Investmentbanking, in dem es auf Details und Genauigkeit ankommt. Bewerbern, die auf dem Weg nach oben Abkürzungen nehmen oder sich durchwursteln wollen, dürfte kein Personaler einstellen wollen.
«Wenn sich jemand nicht die Zeit genommen hat, einen Lebenslauf zu erstellen, warum sollte ich mir dann die Zeit nehmen, ihn zu begutachten und zu interviewen», sagte Brianne Sterling, Leiterin der Personalbeschaffung für Investmentbanking bei Selby Jennings. Ein Grossteil der Arbeit dieser Banker bestehe in ihrem ersten Job darin, Finanzmodelle und Präsentationen für Kunden zusammenzustellen. Für Arbeitgeber sei es ein sofortiges Warnsignal, «wenn sie einen Lebenslauf mit Fehlern sehen oder einen, der allgemein gehalten ist».
Was die KI an Unstimmigkeiten in Lebensläufe hineinschmuggelt, ist gerade für Nachwuchskräfte oft schwer erkennbar, für Branchenprofis dagegen auf den ersten Blick. So berichten Bewerber von Erfahrungen in der «Industrial Group» einer Bank. Das Team, das Unternehmen in Branchen wie Fertigung und Transport berät, wird jedoch typischerweise als «Industrials Group» bezeichnet.
Nicht alle werden aussortiert
«Es gibt einen massiven Zustrom - so gut wie jeder nutzt KI», sagt Bennett Jordan, geschäftsführender Gesellschafter beim Rekrutierungsunternehmen Litney Partners. «Erwischt und aussortiert werden allerdings nur diejenigen, die nicht redigieren und die Dinge nicht in ihre eigenen Worte fassen.» KI kann Arbeitssuchenden dabei helfen, die Erstellung von Lebensläufen zu beschleunigen, indem sie die darin enthaltenen Informationen formatiert und anpasst. Einige Personalvermittler nutzen KI auch, um Bewerber zu filtern. Aber auch dann können die Bewerber Schlüsselwörter einfügen, die sicherstellen, dass ihre Bewerbungen wahrgenommen werden.
Laut Richelle Konian, Mitbegründerin von Careers On The Move, einem Unternehmen, das sich auf die Einstellung von Mitarbeitern an der Wall Street spezialisiert hat, bewerben sich einige Interessenten mehrmals auf dieselbe Stelle mit leicht unterschiedlichen Stichworten. Auf manche Stellen bei Hedgefonds beispielsweise könne es durchaus 3'000 Bewerbungen geben. «So sollte man sich nicht um eine Stelle bewerben», sagt Konian. «Wenn ein Stellensuchender denkt, dass er Abkürzungen nehmen kann, indem er KI einsetzt oder seinen Lebenslauf aufpoliert, sollte er seine Zeit stattdessen lieber darauf verwenden, seine Fähigkeiten zu entwickeln.»
Die Häufigkeit des KI-Einsatzes könnte Unternehmen dazu veranlassen, sich eingehender mit dem Charakter des Einzelnen zu befassen, erwartet Jeanne Branthover von der Personalberatung DHR Global. «Wenn es um das persönliche Vorstellungsgespräch geht, wird der Fokus darauf liegen, wer Sie als Person sind, und nicht nur auf Ihrem Lebenslauf.»
Das weitere Auswahlverfahren ist für junge Banker bekanntlich mit hohen Hürden verbunden. Bewerbungsgespräche können entlang der gesamten Hierarchiekette einer Bank stattfinden. Bei einem so langwierigen Prozess könne es ein kostspieliger Fehler sein, die falsche Person einzustellen und sie dann schulen zu müssen, so Konian.
(Bloomberg)