Mit einem Bericht von Muddy Waters wurde Vivion Investments diese Woche zum mindestens fünften Immobilienunternehmen, das im Laufe von gut einem Jahr von Leerverkäufern öffentlich angeprangert wurde. Die Gruppe, die Hotels und Büros in Deutschland und Großbritannien besitzt, reiht sich in eine Liste ein, zu der auch die Adler Group, die britischen Civitas Social Housing und Home REIT sowie der schwedische Vermieter Samhallsbyggnadsbolaget i Norden (SBB) gehören.

Die unerbetene Aufmerksamkeit kommt in einer Phase, in der rasch steigende Zinssätze auf die Bewertungen drücken und die Refinanzierung der Schuldenberge der Vermieter schwieriger machen. Ein Grossteil dieser Schulden wurde über die Anleihemärkte aufgenommen, auf denen die Ankaufprogramme der Europäischen Zentralbank für stabile Nachfrage sorgten, die die Zinsen niedrig hielten und auch risikoreicheren Emittenten halfen.

"Vor 10 Jahren war dieser Sektor im Kreditindex so gut wie nicht vertreten", sagte Benoit Soler, ein High-Yield-Fondsmanager bei Keren Finance. "Durch die quantitative Lockerung konnte der Sektor nicht nur entstehen, sondern auch an Umfang zunehmen."

Kritikpunkte

Muddy Waters wirft Vivion vor, seine Hotels von nicht näher genannten verbundenen Unternehmen betreiben zu lassen, denen sie künstlich überhöhte Mieten berechnet. Diese rechtfertigen dann eine höhere Bewertung der Immobilien, für die das Unternehmen grosszügig Kredite aufnehmen konnte. Vivion sagte, der Bericht sei ungenau und fehlerhaft.

Adler wurde im Oktober 2021 von Viceroy Research mit einer Reihe von Anschuldigungen attackiert, die sich ebenfalls auf überhöhte Bewertungen und Geschäfte mit verbundenen Parteien beziehen. Adler bestreitet das. KPMG untersuchte die Vorwürfe und sprach das Unternehmen zwar von systematischem Betrug frei, konnte aber nicht alle Vorwürfe widerlegen. Der Wirtschaftsprüfer legte daraufhin sein Mandat nieder und Adler findet seitdem keinen neuen.

Die SBB steht ebenfalls im Fadenkreuz von Viceroy. Ihr wird angekreidet, dass sie ihre relative Verschuldung zu niedrig angegeben habe. Die SBB hat inzwischen grosse Teile ihres Portfolios veräussert, um ihre Schuldenlast zu reduzieren und die Solidität ihrer Bewertungen zu beweisen. Im Juli veröffentlichte die SBB Details zu ihrem Cashflow, um auf die Vorwürfe zu reagieren, die ihre Rechnungslegung in Frage stellen. Das Unternehmen hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Auswirkungen weitreichend

Zu spüren sind die Auswirkungen dieser Aufmerksamkeit auch bei Unternehmen, die nur Verbindungen zu diesen Vermietern haben. Das mussten etwa Aggregate Holdings, Corestate Capital Holding und Accentro Real Estate erfahren. Eine ganze Welle von Umschuldungen und Portfolioverkäufen waren die Folge.

"Für Vermieter war es recht einfach, sich massiv zu verschulden, da die zugrundeliegenden Preise jedes Jahr in die Höhe schossen", meint Soler. "Dubiose Manager haben sich der EZB-Party einfach angeschlossen."

Auch Unternehmen mit robustem Geschäft wurden von dem Ausverkauf erfasst.

"Der Abverkauf ist wahllos, und wir haben etwa 20 mittelgrosse Firmen identifiziert, die grundsätzlich solide sind und/oder bei denen wir Wertpotenziale sehen, und die in einen Topf geworfen werden mit solchen, die aus verschiedenen Gründen zerschlagen werden", sagt Saul Goldstein, Gründer des Private-Equity-Investors Activum SG Capital Management.

Verkauf von Liegenschaften

Eine Reihe von Immobilienunternehmen haben begonnen, ihre Schulden umzustrukturieren — mit unterschiedlichem Erfolg.

Adler hat mit einigen Gläubigern eine Umschuldung vereinbart, durch die frisches Kapital zugeführt und Fälligkeiten verlängert würden, stösst damit aber bei anderen Gläubigern auf Widerstand. Adler-Aktionär Aggregate hat Gläubiger seiner Tochter Vic Properties um Zahlungsaufschub gebeten. Corestate Capital erhält 10 Millionen Euro Brückenfinanzierung im Rahmen einer Umschuldung, während Accentro die Laufzeit einer Anleihe verlängert hat.

Da in einigen Fällen die Vorwürfe der Leerverkäufer die Vermieter von den Kapitalmärkten abgeschnitten haben, ist der Verkauf von Liegenschaften vielfach die einzige Option, Geld für den Schuldendienst aufzubringen. Vor dem Hintergrund steigender Zinssätze, fallender Bewertungen und schwacher Konjunktur ist das ein schwieriger Kampf.

Dennoch beginnen einige Finanzinvestoren, den Sprung zu wagen. Die SBB verkaufte letzten Monat einen Anteil an einem Portfolio von Schulgebäuden für rund 1 Milliarde Euro an Brookfield. Blackstone übernahm Lagerhäuser von der schwedischen Corem Property Group für 5,35 Milliarden Kronen (490 Millionen Euro).

(Bloomberg)