Die SpVgg Unterhaching dürfte nur eingefleischten Fans der deutschen Bundesliga ein Begriff sein. Vor knapp zwanzig Jahren verhinderte der Dorfverein aus einem Münchener Vorort der Werkself von Bayer Leverkusen die sicher geglaubte – und vom Club lang herbeigesehnte – Meisterschaft. Mit einem Sieg am letzten Spieltag gegen den damaligen Tabellenführer machte die SpVgg Bayern München doch noch zum Deutschen Meister und Leverkusen zum Vizemeister – bis heute ein Trauma für den vom Chemiekonzern Bayer unterstützten Verein.
Heute spielt Unterhaching in der dritten Liga und sorgt derzeit wieder für Aufsehen. Seit Dienstagmorgen ist der Klub an der Münchner Börse notiert. Der Verein verkaufte im Rahmen seines Börsengangs 332’469 Aktien, was ihm Einnahmen in Höhe von rund 2,7 Millionen Euro einbrachte. Ziel des Vereins ist es, bis zum Herbst weitere 622’000 Papiere an private Investoren auszugeben, um insgesamt Einnahmen von 12 Millionen Euro zu erzielen.
Unterhaching ist damit neben dem BVB erst der zweite Bundesligist, der an der Börse notiert ist. Schweizer Fussballvereine halten sich bislang fern vom Aktienmarkt. Lediglich GC Zürich hatte Ende der 1990er-Jahre ein kurzes, wenig erfolgreiches, Intermezzo an der Börse.
Fussball-Aktien haben schlechten Ruf
Doch europaweit lassen sich einige Fussball-Klubs finden, die sich an die Börse gewagt haben. Deren Aktien geniessen indes nicht den besten Ruf. Der allgemeine Tenor: Fussball-Aktien springen bei sportlichen Erfolgen zwar kurzfristig in die Höhe, dümpeln aber ansonsten auf niedrigem Niveau herum. Schliesslich kann man nicht jede Woche die Champions League gewinnen. Zudem schütten Fussball-Klubs eher selten Dividenden aus.
Analystenberichte zu Fussball-Aktien finden sich kaum. Das mag einerseits deren bescheidenem Ruf geschuldet sein. Anderseits ergeben sich bei der Analyse vom Fussball-Titeln gewisse Schwierigkeiten. Analysten müssen nicht nur die finanziellen Kennzahlen und das Management eines Clubs einschätzen können. Sie müssen auch in der Lage sein, den sportlichen Erfolg des Vereins abzuschätzen.
Zudem können während der Transferperioden jederzeit – und unerwartet – Spielertransfers getätigt werden (sowohl Ver- als auch Einkäufe), die entscheidend für die Spielstärke einer Mannschaft sind. Das alles erschwert die Analyse von Fussball-Aktien.
Schaut man sich die Performance von Fussball-Aktien in den letzten 12 Monate an, zeigt sich dennoch ein überraschend starkes Bild, das sich dem eigentlich ja schlechten Ruf widersetzt. So weist der Stoxx Europe Football, der 22 börsennotierte Fussball-Clubs vereint, einen Anstieg von 16,36 Prozent auf. Damit überflügelt der Fussball-Index den MCSI World (+ 2,61 Prozent) bei Weitem und sogar den SMI (+ 8,8 Prozent), der als derzeitiger Überformer gilt.
Kursentwicklung des Stoxx Europe Football in den letzten 12 Monaten, Quelle: www.stoxx.com
cash zeigt die Performance ausgewählter Fussball-Aktien und zeigt, ob sich ein Einstieg anbietet.
Juventus Turin: +74,1 Prozent (12 Monate)
Die Aktie des italienischen Rekordmeisters ist derzeit der Überflieger der Fussball-Aktien. In den letzten 52 Wochen zogen die Titel um knapp 75 Prozent, in den letzten drei Jahren sogar sage und schreibe 421 Prozent an. Allerdings schüttet der Verein keinerlei Dividenden an Aktionäre aus. Der Verein hat grosses vor, nachdem er in den letzten drei Jahren zweimal im Champions League Finale gescheitert ist.
Durch den Kauf von Cristiano Ronaldo im letzten Jahr erhofft man sich sowohl sportlichen als auch kommerziellen Erfolg. Die Merchandise-Maschine läuft auf Hochtouren. Dank des Ronaldo-Transfers konnte Juventus seinen Umsatz zuletzt um 13 Prozent steigern. Allerdings vergrösserte sich auch der Schuldenberg.
Borussia Dortmund: +44,3 Prozent (12 Monate)
Die Aktie des deutschen Vizemeisters weist seit einigen Jahren ein ordentliches Wachstum auf. In den letzten drei Jahren stiegen die BVB-Titel um rund 125 Prozent an. Eine gute sportliche Entwicklung, gekoppelt mit hohen Einnahmen aus Transfererlösen sind für den guten Kurs verantwortlich. Die Ausbildung junger Spieler, die in Dortmund zu Stars heranreifen und (teils erzwungenermassen) teuer verkauft werden, hat sich in den letzten Jahren als Geschäftsmodell etabliert.
Der Verein zahlt eine kleine Dividende von 6 Cent pro Aktie (2018) aus, was allerdings eine Dividendenrendite von unter einem Prozent ausmacht. In diesem Sommer tätigte der BVB einige vielversprechende Transfers und hat im Vorfeld der anlaufenden Saison vielerorts angekündigt, um den Titel spielen zu wollen.
Ajax Amsterdam: +48,7 Prozent (12 Monate)
Der grosse Vorteil der Ajax-Aktien ist deren Wert, der mit aktuell 17,50 Euro pro Aktie deutlich zweistellig ausfällt. Das macht sie etwas weniger volatil und mag sie für viele Anleger zu einem etwas seriöseren Investment machen. Der Aktienwert stieg in den letzten drei Jahren um knapp 125 Prozent. Ajax profitierte in den letzten Jahren, ähnlich wie der BVB, von seinem guten Ausbildungszentrum, welches immer wieder junge Spieler mit Topstar-Potenzial hervorbringt. Zuletzt erreichte man das Halbfinale der Champions League.
AS Roma: -1,9 Prozent (12 Monate)
Die Aktie des italienischen Hauptstadt-Clubs bestätigt sämtliche Vorbehalte, die gegen Fussball-Aktien bestehen. Um die Jahrtausendwende ging der Klub an die Börse, worauf dessen Aktienkurs innerhalb von anderthalb Jahren von 2,50 Euro auf den ungefähren Stand von heute (0,50 Euro) abstürzte. Seitdem gibt es nur eine Richtung: seitwärts. Wenig investorenfreundlich ist, dass Daten für Investoren nur auf italienisch verfügbar sind.
Die Performance der bekanntestens Fussball-Aktien zeigt: Es sind durchaus Gewinne zu erzielen. Allerdings müssen Anleger meist auf Dividenden verzichten. Und: Die Vorhersage von langfristigen Kursentwicklungen lässt sich schwerer anstellen als bei konventionellen Unternehmensaktien.
Übrigens: Die Aktie der SpVgg Unterhaching schlägt sich am ersten Tag gut. Am ersten Handelstag steigt der Kurs bis zum Nachmittag um 16 Prozent an.
Die 6 bekanntesten Fussball-Aktien
Aktie | Kurs in Euro | 12-Monats-Performance, in Prozent | Marktkapitalisierung, in Mio. Euro |
Juventus Turin | 1,54 | + 74,1 | 1710 |
Borussia Dortmund | 9,05 | + 44,3 | 841,8 |
Manchester United | 15,67 | -10,7 | 640,97 |
Ajax Amsterdam | 17,25 | + 48,3 | 320,83 |
AS Roma | 0,51 | - 1,9 | 359,9 |
Celtic Glasgow | 1,62 | +25,6 | 168,4 |